****       Sapere aude!        ****        
                 
Habe den Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! – forderte der Philosoph Immanuel Kant vor mehr als 200 Jahren. Er hatte etwas viel von uns verlangt, aber ein wenig sollten wir ihm schon entgegenkommen. Jeder auf seine Weise. Hier die meine.
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Ein Nullsummenspiel

Regelmäßig hört und liest man von Projekten, atmosphärisches Kohlendioxid (CO2) zu binden und so dem Klimawandel beizukommen. Eines davon ist die Begrünung, zum Beispiel durch das Pflanzen von Bäumen. So begrüßenswert Begrünungsaktionen auch immer sind, doch geht die damit erhoffte CO2-Bilanzierung nicht auf, zumindest nicht auf Dauer − es ist ein Nullsummenspiel.

Modellhaft und genauso gut bzw. genauso schlecht könnte man mit Kalk arbeiten. Wird Kalk (Calciumcarbonat, Formel CaCO3) bei hohen Temperaturen gebrannt, wandelt er sich in Branntkalk um (Calciumoxid, Formel CaO). Was aus der Sicht der Klimaschützer nicht so schön ist: Der Kalk gibt beim Brennen CO2 ab. Formelmäßig sieht das so aus:

CaCO3 (Kalk) →(brennen) → CaO (Branntkalk) + ↑CO2

Was wäre die Bau-Industrie ohne den Branntkalk! Sie braucht ihn zur Herstellung von Putz und Mörtel und von Zement und Zementklinkern. Mit Wasser verrührt, wird aus dem Branntkalk Löschkalk:

CaO + H2O (Wasser)  →  Ca(OH)2  (Löschkalk)

Und genau der ist es, worauf es in unserem Modell ankommt: Er fängt CO2 aus der Atmosphäre ein!:

Ca(OH)2 + ↓CO2 → CaCO3 + H2O

Und damit ist die CO2-Bilanz (↑CO2 - ↓CO2) Null.

Mit pflanzlichem Grün passiert (auf Dauer) dasselbe:

Pflanzenwachstum bindet durch Assimilation atmosphärisches Kohlendioxid (↓CO2), das früher oder später durch Verrotten (Dissimilation), durch Verzehr (Pflanzenfresser, Veratmung) oder durch Verbrennen wieder freigesetzt wird (↑CO2). Und wieder ist die CO2-Bilanz Null. Hier wie da ein Nullsummenspiel.

Jawohl, Chemie ist das beziehungsweise Biochemie, in jeweils elementarer Form. Jeder Sekundarschüler kennt sich da aus, zumindest sollte er das. Und die Gereifteren unter uns werden animiert, solcherart Kenntnisse zu re-animieren. Auf alle Fälle ein Gewinn, wenn auch nicht für die CO2-Bilanz.



 


Angst haben und Angst machen

In jedem von uns hockt sie, die Angst. Angst vorm Sterbenmüssen, vorm Fliegen, vorm Alleinsein, vor Verlust der Arbeit, von Geld oder einer Freundschaft, einer Liebe gar. Angst vor einem Überfall, vor der Zukunft, vorm Dunkel, vor Schmerz und Verletzung, vor Hunden, vor Blasenschwäche, vor der Öffentlichkeit, vor einer Blamage, die Angst vor Krebs, vor falscher Ernährung, vor der Injektionsnadel, vorm Ertrinken, vorm Ersticken, vorm Dickwerden, vorm Zahnarzt. Die Angst, dass das Geld nicht zum Leben reicht, die Höhenangst, die Prüfungs- und Versagensangst. Angst vor Links, vor Rechts, vorm Volk, vor der Regierung. Angst vor dem allgemeinen Staatsversagen, vorm politischen Gegner, vor Neuwahlen, und die Angst vor Fremdem und vor Fremden. Auch die Angst vor der Angst.

Angst − ein Gefühl, das uns vor Gefahren warnt, gleich ob sachlich begründete oder nur eingebildete. Sie hilft, unser Wohlbefinden zu sichern, unsere Gesundheit und das Überleben. Die Angst lähmt oder, im Gegenteil, verleiht uns Kraft, um eine Bedrohung aktiv („mutig“) anzugehen. Im Extremfall schaltet sie unsere Vernunft aus, und Panik entsteht. Wenn eine Angstreaktion unverhältnismäßig ist und schwerlich überwunden werden kann, dann spricht man von einer Phobie. Von Arachnophobie bei Spinnenfurcht und von Soziophobie, wenn jemand Angst hat, im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen, weil er Peinlichkeiten befürchtet. Damit verwandt ist die Erythrophobie (Errötungsfurcht) − die Angst vorm Erröten. Denken wir an einen jungen Mann, der begehrlich auf eine hübsche junge Dame blickt, sich aber nicht getraut, ihr zu begegnen, eben weil er befürchtet, dabei rot zu werden.

Nur Babys haben keine Angst

Unter uns Menschen völlig frei von Angst sind einzig die Babys. Wenn Neugeborene schreien, dann deshalb, weil sie Hunger empfinden, Kälte oder Schmerz, oder weil ihnen die kuschelige Nähe der Mutter fehlt, aber sie schreien nicht aus Angst. Kaum früher als mit dem achten Lebensmonat kommt sie auf, die Angstfähigkeit. So auch die Furcht vor Fremden, das sogenannte „Fremdeln“. Und das als Ergebnis der Hirnreifung − spontan, ohne irgendwann zuvor eine unangenehme Erfahrung gemacht zu haben. Geboren werden wir mit einer Hirnmasse von etwa 350 Gramm, als Erwachsene haben wir etwa das Vierfache in unserer Schädelhöhle. Nicht die Anzahl an Zellen nimmt zu, allzumal nicht die an Nervenzellen, vielmehr sind es deren Fortsätze. Sie verzweigen sich immer mehr, machen dabei Kontakte zu anderen Nervenzellen, die sogenannten Synapsen, und das lässt die Hirnmasse insgesamt wachsen. Nicht irgendwie, sondern nach genetischem Programm. Aus der programmgemäßen „Verdrahtung“ ergeben sich oft ganz automatisch Fähigkeiten, die vordem nicht nachweisbar sind. So eben auch die Angstfähigkeit.

Gleiches gilt für sämtliche seelische und Sinnesgefühle, für damit zusammenhängende Handlungsantriebe und ebenso für die Intelligenz und die Lernfähigkeit. Wie auch sollte man das Sinnesgefühl für die Farben Rot oder Blau, für Laut und Leise, für den Schmerz oder für Freude oder Scham oder Zorn lernen können? Und wie sollten Mutter und Vater ihr Kind lehren, im passenden Moment Angst zu haben beziehungsweise mit unbegründeter Angst umzugehen? Die Eltern wissen ja selbst nicht, wie das mit dem Angsthaben „geht“. Niemand weiß es. Den sprachlichen Ausdruck dazu, na klar, den bringt man seinem Kind schon bei. Wenn es in Deutschland aufwächst und ihm mulmig ist, weil etwas „nicht stimmt“, dann lernt es dafür zu sagen: „Ich hab Angst“ − „I‘m scared“ in England, „мне страшно“ in Russland und „ 我很害怕“ in China.

Um Angst zu empfinden, genügt interessanterweise schon das von Angst kündende Gesicht eines anderen Menschen. Mit bildgebenden Verfahren lässt sich zeigen, dass ein und derselbe Hirnbereich, in dem sich bei realer Bedrohung das Angstgefühl entwickelt, allein schon beim Beobachten der Angstreaktion eines Gegenübers aktiv wird. Man spricht von „Spiegelneuronen“. Wesentlich für das Angstgefühl sind die sogenannten Mandelkerne (Amygdalae) in der Tiefe des Schläfenlappens.  Dort auch können wir die Angst eines Anderen mitempfinden. Mit Anderen mitzuempfinden rührt von unserer Natur her. Schon von Natur aus sind wir soziale Wesen.

Die Angst als Hebel

Oft genügt die bloße Vorstellung einer furchtauslösenden Situation, um die Mandelkerne zu aktivieren und ein entsprechendes Schutzverhalten zu aktivieren. Bei der Erziehung unserer Kinder spielt der Umgang mit der Angst eine wichtige Rolle. Mit drohend erhobenem Finger heißt es: „Wenn du nicht …, dann …!“ Und nicht zuletzt gehören Ängste zu den wichtigsten Machthebeln in den Religionen und in der Politik. Da ist es die Angst vorm Teufel oder die Angst zu sündigen, und dort die Angst vor dem Feind, vor Verlust an Rechten oder an Vermögen, oder – zeitgemäß − die Angst vorm Klimawandel oder einer Ansteckung mit Coronaviren.

Allem Anschein nach teilen wir die Angstfähigkeit mit vielen Tieren, nicht nur mit Angst-Hasen. Wenn ein Hund weinerlich kläfft, den Schwanz einzieht und zitternd auf dem Bauch kriecht, dann sind das sehr wohl Zeichen von Angst. Obschon uns der Hund nicht direkt sagen kann, dass er Angst hat, und warum und wie er sie empfindet. Wie erst ist das bei einer Kohlmeise, die auffliegt, sobald wir uns ihr nähern. Oder bei einer Forelle im Bach, die bei einem Steinwurf Reißaus nimmt? Tun das diese Tiere aus Angst? Denken wir an eine Fliege, die entfleucht, sobald wir über ihr die Hand heben. Inwieweit, müssen wir uns fragen, sind Tiere überhaupt zu seelischen Gefühlen befähigt, zur Subjektivität? Wenn sie doch ein Mienenspiel hätten, diese Mitgeschöpfe, allzumal eines, das wir deuten könnten!

Die Mimik unserer Mitmenschen zu deuten, haben wir bereits im Kindesalter gelernt. Und auch später noch so manches hinzuerfahren. Allerdings entsteht ein Problem, wenn jemand sein Gesicht  verbirgt. Durch eine Maske zum Beispiel. Da müssen wir uns fragen, was geschieht unseren Kindern, wenn in Corona-Zeiten die Mund-Nase-Partie der Mitmenschen durch Masken verdeckt sind? Können sie später, wenn alles wieder normal sein sollte, noch ausreichend lernen, Mimik zu deuten? Die uns verrät, dass der Gegenüber Angst hat oder auf etwas stolz ist oder sich schämt. Was, wenn ein Kind, ein Einzelkind zumal, anstelle mit anderen Kindern zur Schule zu gehen, im heimischen Isolat unterrichtet werden muss? Jeder mag sich dazu seine eigenen Gedanken machen. Allen voran die Pädagogen, die Psychologen und die Psychotherapeuten. Und unsere Politiker? Die haben gelernt, wie die Angst vor einer Ansteckung mit Corona-Viren die Menschen verändert, ja, wie sie ihr Volk (noch) willfähriger macht. Liegt es da nicht nahe, diese Angst zu pflegen?

Verbrettert und vernagelt

Prof. Dr. Gerald Wolf

Jeder kennt sie, die rotweißen Zäune und Bänder, die uns am Durch-, Fort- und Weiterkommen hindern. In Massen werden sie verwendet. „Stopp!“, lautet ihre Botschaft, seltener: „Hier wird gebaut, und das so schnell wie möglich.“ Besonders quälend, wenn es um die Reparatur von Autobahnabschnitten geht. Kilometer um Kilometer werden dazu lahmgelegt, und nur gelegentlich sieht man, rot-weiß abgesperrt im 60er Tempo die Gegenfahrbahn entlangtrottelnd, jemanden arbeiten. Da fragt sich ein jeder, wie die das früher geschafft haben, in kürzester Zeit quer und längs durch Deutschland ein ganzes Autobahnnetz zu errichten? Heutzutage sind diese rot-weißen Zäune oft bereits dann in Gebrauch, wenn es darum geht, Bau- oder Reparatur-Vorhaben anzukündigen. Das allein kann sich Monate hinziehen, sogar Jahre. Manche der größeren Bauvorhabenwurden vor allem dadurch berühmt, weil bis zu deren Realisierung kleine Kinder groß geworden und ältere Menschen gestorben sind Beispiele in Magdeburg: die Schönebecker Straße und der − offenbar für die Ewigkeit vorgesehene − Straßentunnelbau am Hauptbahnhof. Was das „Großbauvorhaben Ersatzneubau Strombrückenzug“ angeht, nun, die Zeitgeschichte wird es unsere Kinder oder Enkel lehren.

Kürzlich war ich, der Autor, mal wieder Dresden. Nach so vielen Jahren zähen Wiederaufbaus bietet die Altstadt alle Voraussetzungen, um als schön zu gelten. Doch auch hier überall Bauzäune und Absperrbänder. Ihr Sinn ist meistens nicht erkennbar. Als ob man vergessen hätte, sie nach getaner Arbeit wieder wegzuräumen. Die Krönung: eine potthässliche Bretterwand, die sich quer durch den Zwingerhof zieht. Tatsächlich, schon ewig wäre das so, ereiferte sich ein Dresdner, den ich befragte. In Prag und in Budapest sei das ganz anders. Nach den Jahrzehnten des Sozialismus hätten die dort alles wunderbar restauriert, und nichts mehr mit diesen rot-weißen Brettern. Genau!, meinte einer Anderer, der zuhörte. Allerdings eben wäre das den meisten hier scheißegal. Auch denen da oben. Dabei hob er seinen Kopf und verdrehte die Augen.

Ich denke an eine Autofahrt durch Montenegro. In der Hauptstadt gab es, wie mir schien, nur eine Absperrung, eine einzige. 100 Meter Straße waren das, und an der wurde bis zum späten Abend gearbeitet. Das Land ist gebirgig, Tunnel reiht sich an Tunnel, allesamt bestens in Schuss und: keinerlei Absperrungen! Wenn mich die Deutschen zu ihrem Diktator machten (einer meiner Lieblingsgedanken), würde ich als erstes die Absperrzäune und -bänder besteuern: 10 Euro pro Meter und Tag.

Manchen machen diese Absperrungen nichts aus. Auch die Umwege nicht, die sie dadurch hinzunehmen haben. Ja, es soll Menschen geben, die sich in einer Warteschlange anstellen und, wenn sie dran sind, wieder nach hinten gehen, um sich erneut einzureihen. Immer noch besser, als auf dem Sofa zu sitzen und auf den nächsten Bettgang zu warten. Tatsächlich, Langeweile kann schrecklich sein. Sogar tödlich. Viele laufen einfach in der Wohnung umher, oder sie gehen zum Arzt. Noch bevor sie sich aus dem Fenster stürzen. Wer weiß, was wir da alles erfahren werden, wenn die Corona-Kollateralschäden einmal aufgearbeitet sein sollten. Die Frage nun, ist die Fähigkeit sich zu langweilen, womöglich ein Evolutionsergebnis? Ähnlich wie die Intelligenz oder die Kurz- oder die Langbeinigkeit, die Veranlagung zur Faulheit oder zur Betriebsamkeit? Die einen trifft es mehr, die anderen weniger. Schön bunt ist das!

Bretter, die die Welt bedeuten

Nicht die Bretter sind hier gemeint, auf denen die Schauspieler agieren, auch nicht deren Welt, gedacht sei vielmehr an die Welt, die noch vor der eigentlichen Welt rangiert: an den Herrschaftsbereich der Büros, an die Bürokratie (griech. krátos – Kraft, Macht). Zwar sieht man dort, wo sie zuhause ist, keine rot-weißen Bretter und Bänder, atmosphärisch aber sind sie deutlich zu spüren. Auf den Verwaltungsetagen fast körperlich. Wer jemals an eine der Türen angeklopft und nach einem weiteren Versuch dieselbe vorsichtig geöffnet hat, der weiß, ein Gesicht als rot-weißen Bretterverschlag zu deuten. Wie ein Bollwerk sitzt sie da, die Dame am Schreibtisch. Unwillkürlich kratzt man sich am Kopf, um in Erinnerung zu rufen, dass man ja, zum Volk gehörig, Repräsentant des Souveräns ist. Und die Dame da, als Teil der Verwaltung dem Souverän unterstellt, mir zu Diensten zu sein hat. „Grau, teurer Freund, ist alle Theorie“ hat Goethe in seinem Faust gesagt, „und grün des Lebens goldner Baum.“ Grün? − Grün!

An Grün sollte vor allem in den Behörden gedacht werden, die sich um den Schutz der Natur zu kümmern haben. Das aber verlangt weit mehr, als am Schreibtisch einer Natur- oder Umweltschutzbehörde zu sitzen. Nämlich dorthin zu fahren, wo die Natur ist, beziehungsweise wo es noch so etwas wie Natur gibt. Allerdings setzt das Sachkenntnis voraus. Wer frei davon ist, sieht zwar Grünes, weiß aber nicht, welcher Art es ist. Ausreichende Kenntnisse kann man nicht einfach durch ein einschlägiges Studium erwerben, und schon gar nicht durch ein Studium in den Kommunikations-, Verwaltungs- oder Politikwissenschaften. Nein, Voraussetzung ist eine mit Begeisterung betriebene Beschäftigung in und mit der Natur. Etwa so, wie es die Hobby-Ornithologen vormachen, wenn sie jede freie Stunde nutzen, um mit dem Fernglas durch die Gegend zu streifen. So oft ich selbst, der Autor, unterwegs war und noch immer bin, um zu gucken, was es da an Natur noch gibt, nie – wirklich nie! – habe ich einen der Verwaltungsangestellten angetroffen, die mit deren Schutz beauftragt sind. Entsprechend dürftig sind deren Kenntnisse, und nicht minder dürftig ist es um unsere Natur bestellt. Wegen deren Übernutzung, und nicht etwa, wie gern und frömmelnd behauptet wird, wegen des Klimawandels. Ach, wenn es doch rot-weiße Bretter und Bänder gäbe, um alle diese Übelstände deutlich zu machen!

Bretter vorm Kopf

Machen wir uns nichts vor, jeder hat einen ganzen Stapel davon. Schon bei dem Versuch, den Dreisatz in Erinnerung zu rufen, wird eines dieser Bretter handgreiflich. Allemal aber, wenn da jemand von uns verlangen sollte, wir sollten uns mit der Mehrdimensionalität der Welt befassen, zum Beispiel mit ihren elf Dimensionen. Oder, wenn das nicht, mit den genetischen Unterschieden zwischen den SARS-CoV-2-Virusvarianten. Oder warum manch einer Angst hat, sich Gen-Material verimpfen zu lassen, wo doch eigens dafür eine Ausnahmegenehmigung erwirkt wurde. Weltweit.

Neulich, ein Open-Air-Kulturfest war angesagt. Der wegen Corona verfügten Isolation müde, sind viele Menschen auf den Beinen gewesen. Auch ich auf meinen. An den Ständen entlangschlendernd, warb da ein Plakat „Rettet die Pole, raus aus der Kohle!“ Fünf oder sechs eher jüngere Leute stellten sich dem Publikum zur Verfügung. Als Experten. Meine Augen suchten sich eine junge Dame aus, nicht nur, weil sie nett aussah, sondern auch, weil sie klug wirkte. Irgendwie jedenfalls. Der Eindruck schwand, als sie auf meine Frage – Klima, wieso CO2 − mit den üblichen Floskeln loslegte. Ich unterbrach sie und wollte von ihr wissen, was das CO-Zwei eigentlich sei, und warum es so gefährlich wäre. Nun, hob sie an und blickte dabei augenzwinkernd in Richtung ihrer Mitstreiter, das genau eben sei das Problem. Und abermals startete sie flüssig und mit formelhaften Wendungen zu den Themen Erderwärmung und Klimawandel, Klimaschutz und …

„Nein!“, unterbrach ich sie wieder und fragte, CO2 und Erderwärmung, wie soll das denn … Lächelnd fiel wiederum sie mir ins Wort und meinte, das wisse ja nun jeder, und … Wollte oder konnte sie mich nicht verstehen? Mir war, als sähe ich ein Brett vor ihrem Kopf. „Nein“, rief ich wieder, diesmal skandierend, „ich  n i c h t!“ Als ich dann mit spezielleren Fragen loslegte, auf die es heutzutage noch keine bindenden Antworten gibt, versuchte es die junge Dame mit ein paar weiteren Floskeln, solchen, wie wir sie von unseren Politikern und den staatsnahen Medien zur Genüge kennen. Ich aber ließ nicht locker und wollte wissen, wie hoch denn der menschgemachte CO2-Anteil in der Atmosphäre sei und wieso sich der weltweite Lockdown auf den fortwährenden Anstieg der atmosphärischen CO2-Konzentration nicht ausgewirkt habe, nicht im Mindesten. Auch wie man sich die Absorption der Wärmestrahlung durch wachsende CO2-Konzentrationen vorstellen solle, da ja deren Absorptionsgrad derzeit bereits bei fast 100 Prozent läge. Ja, und wieso kein ergebnisoffener, politikunabhängiger Diskurs … Es war, als wäre ich bei der jungen Dame auf einen Absperrzaun gestoßen, einen geistigen. Objektiv war sie ratlos, ihr Selbstbewusstsein schien das aber nicht zu registrieren, so wissend, wie sie mich noch immer anblickte. Wie ist so was möglich? Ich in ihrer Situation wäre womöglich rot geworden.

Weiter fragte ich, wieso das Klimaziel auf ausgerechnet 1,5 Grad festgelegt sei und wie sie, die Expertin, das Auf und Ab des mittleren Klimas in der vormenschlichen Zeit erklären wolle, welche Rolle die Sonnenaktivität spiele und wie sie die Demolierung unserer wichtigsten Energie-Erzeuger … Da winkte die junge Dame ab und meinte, wir hätten ja nun schon viel Zeit mit solcherlei Fragen verbracht, es gäbe hier am Stand auch Andere, die mit Problemen aufwarteten, und mit einem aufgesetzt charmanten Lächeln war ich entlassen. Doch da war kein Anderer. Und sogleich tauchte sie im Kreis ihrer Mitstreiter unter. Wie hinter einem Bretterzaun.

Bretter, um die Geschlechter zu trennen

Im Auto dann startete zugleich mit dem Motor das Radio. Egal, was ich bisher versucht habe, um diesen Automatismus abzuschalten, nichts hilft. Auch so ein Verbretterungsphänomen. Hörerfragen waren angesagt, und ich überließ dem Radio seinen Willen. Um Afghanistan ging es und um die Menschheit schlechthin. Die Moderatorin sprach von Afghan_innen und Afghanen, von Hörer_Innen und Hörern und von Politiker_Innen und Politikern. Das „Innen“ wirkte jeweils so vom Wortstamm abgehackt, dass man auch ein „Außen“ erwartete, ein irgendwie geartetes Innen-und-Außen. Die Hörer, die da zu Wort kamen, machten fromm mit, zwar nicht mit diesem Knacklaut „_Innen“, wohl aber mit ständiger Nennung beider Geschlechter, also „Leserinnen und Leser“, „Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler“, „Migrantinnen und Migranten“. Ohne dem und ohne die üblichen Phrasen bis hin zu „mal offen gesagt“ hätten die zumeist nicht sonderlich inspirierenden Mitteilungen nur die Hälfte der Zeit beansprucht.

Mit halbem Ohr hörte ich weiter zu und wartete dabei auf den üblich gewordenen, aber grammatisch falsch verwendeten Ausdruck „Studierende“. Doch dazu kam es nicht. Derweilen fragte ich mich, warum nicht längst auch von Menschinnen und Menschen die Rede ist. Anders gewendet, wozu überhaupt diese Spalterei in Frauen und Männern? Als ob es sich um verschiedene Spezies handelte. Dabei soll doch der Unterschied gar nicht gravierend sein, sondern soziokulturell konstruiert. Wenn von Hunden und Katzen die Rede ist, spricht man ja auch nicht fortwährend von „Hündinnen und Rüden“ und „Katzen und Kater“. Gewiss, sobald es in der Politik um Menschen geht, spielen ideologische Komponenten herein. Diese hochzuspielen, hoch auf den ersten Rang, also noch vor dem der Leistung und Eignung, ist Sache einer politisch überaus mächtigen Minderheit. Und alle machen mit. Fast alle. Wenngleich nur in der Öffentlichkeit. Die meisten Frauen halten ohnehin nichts davon. Danach befragt, feixen sie oder klopfen sich mit der flachen Hand an die Stirn, als meinten sie damit die Bretterwand, hinter der sich die Genderideologen (sorry: Genderideolog_Innen) verschanzen. „Total vernagelt“, nannte eine meiner Bekannten den Versuch, Mütter begrifflich als „gebärenden Elternteil“ von Vätern als „nicht-gebärenden Elternteil“ abzutrennen. – Tatsächlich, starke Bretter sind das, dicke Balken.

Macht macht nichts

Von wegen! Die Bundestagswahl liegt hinter uns, und wir konnten wieder einmal erkennen, wie mächtig wir sind, wir, die Bürgerinnen und Bürger von Deutschland. Macht wird in unserem Grundgesetz mit Gewalt gleichgesetzt, die uns, das Volk, zur allerhöchsten Macht macht, zum Souverän. Alle vier oder fünf Jahre zittern die Politiker vor uns und alle die in den Regierungen und Verwaltungen, nämlich dann, wenn wir hier oben, die scheinbar kleinen Leute, zur Wahl des Bundestages oder der Landtage schreiten. Dann ist es an uns, die Parteienlandschaft und mit ihnen die Strukturen des Staates so zu arrangieren, wie es für uns, das Volk, gut ist. Früher war der Kaiser der Souverän, Urteile wurden in seinem Namen gesprochen, heute sind wir der Souverän, und in unserem Namen, im Namen des Volkes, werden die Urteile gesprochen. Auch Fehlurteile. Denn wie man schon im alten Rom wusste, ist Irren menschlich − errare humanum est. Nur Gott irrt nicht. Der aber ist bekanntlich kein Mensch.

Ohnmacht

Das Gegenteil von Macht ist Ohnmacht. Zum Beispiel, wenn unser Gehirn die Kontrolle über die Instanzen verliert, denen wir das Wissen um unser Sein verdanken, das bewusste Sein, das Bewusstsein. Wie das Gehirn das Bewusstsein macht, ist unbekannt. Unser Gehirn wird das auch nie erfahren, da es viel zu klein ist für seine Größe. Recht gut bekannt hingegen ist, wie das Gehirn das Bewusstsein verliert. Eine Minderdurchblutung, mithin Sauerstoffmangel, reichen dafür aus.

Die Ohnmacht kann auch ganz anderer Art sein, nämlich wenn die eigene Macht an die einer anderen nicht heranreicht, allzumal einer höheren. Das muss nicht Gott sein, der Chef reicht dafür aus, zumindest war das früher so. Seinerzeit ist die Gottgleichsetzung eines Chef-Arztes geradezu selbstverständlich gewesen. Leibhaftig sehe ich noch heute, wie ein solches Wesen, ganz in Weiß gehüllt, über den Korridor hinweg in die Krankenzimmer schwebte. Hinterdrein ein Schwarm ehrfurchtgezeichneter Menschen, ebenfalls in Weiß, und streng hierarchisch gegliedert: vornan die Oberärzte, danach die Assistenzärzte, dann die Schwestern und Pfleger, und ganz zum Schluss ich, der Famulant. Einmal gefiel sich einer dieser Gottgleichen, sich herabzulassen und mich – mich! – nach meinem Namen und meinen Plänen zu fragen. Vor Aufregung geriet ich ins Stottern. In diesem Moment war ich mir noch nicht mal sicher, ob ich denn wirklich der sei, der ich normalerweise bin beziehungsweise zu sein glaubte. Von einer Kommilitonin hieß es, sie wäre in einer solchen Situation in Ohnmacht gefallen. – Zeiten hierarchisch organisierter Macht sind das gewesen. Da funktionierte vieles noch so, wie man es sich heute wünscht, aber nicht mehr kann.

Die Macht des Affen

Einige Zeit später, im Zoo war’s, schaute ich einer Gruppe Rhesusaffen zu. Auch hier gab es welche der niederen und solche der höheren Art. Einer von ihnen blinzelte verdrießlich in die Sonne. Als er sich zur Futterstelle hin bewegte − bräsig, gravitätisch −, wichen ihm die anderen aus. Offenkundig war er der Ranghöchste, das Alphatier. Beim Kauen ließ er sich viel Zeit. Als der Boss nach einem weiteren Bissen langte, näherte sich von der Seite her ein fürwitziges Jungtier. Kurz zögerte es, lief wieder weg, kehrte um und − zupfte blitzschnell den Machthaber an der Schwanzspitze. Der tat so, als bemerke er das nicht. Auch ein zweites Mal ließ er sich das gefallen. Beim dritten Mal fuhr er herum und schlug so zu, dass der Lausebengel einen halben Meter durch die Luft flog. Nachdenklich, wie es schien, hockte der dann in einer Ecke. Vermutlich würde sich der Jüngling nicht so bald wieder auf eine Machtprobe einlassen.

Bei uns Menschen ist das so unähnlich nicht, sage ich mir. Wenn kleine Leute, Querdenker zum Beispiel, Covidioten, Klimaleugner oder andere Besserwisser, die da oben mit provokanten Äußerungen traktieren, dann, klar, schlagen sie zu. − Halt, wieso? Wir, die kleinen Leute, wir sind die da oben, wir sind die Machthaber, sind der Souverän! Dem Grundgesetz sei’s gedankt. Allerdings, wie sich wehren, wenn die Wahl vorüber ist und die da unten in den Regierungen und Verwaltungen anders wollen als wir hier oben? Gar ein selbstzerstörerisches Potenzial entwickeln − Apoptose, Autolyse (https://www.achgut.com/artikel/biologisch_medizinische_refexionen_deutschland_in_der_autolyse)?

Macht macht eben doch nicht nichts.


 

Die Schnell- und die Langsamdenker

Frage: Wieviel kostet ein Ball, wenn ein Tischtennis-Schläger mit ihm zusammen 1,10 Euro kosten, und der Schläger einen Euro mehr als der Ball? Die Lösung liegt auf der Hand: 10 Cent kostet der Ball. Ohne sonderlich nachzudenken. Wie nur machen wir das, wie schafft das unser Gehirn?

Ständig stürmen auf dieses knapp anderthalb Pfund schwere Organ Daten ein, in Massen. Gleich, ob wir aus dem Fenster gucken, über eine verkehrsreiche Straße gehen oder im Wald herumspazieren. Veranschlagt wird ein Informationsumfang von etwa 10 Millionen Bit pro Sekunde. Mit all den Eindrücken müssen wir fertig werden, ohne viel nachzudenken muss da ausgesiebt werden. Oft ohne überhaupt zu denken. Andernfalls wären wir kaum lebensfähig. Bei dem, was dann noch immer in unser Bewusstsein gelangt, entscheiden wir mit Höchstgeschwindigkeit, was wichtig ist, und wenn wichtig, was damit angefangen werden soll. Intuitiv. Doch geht das nicht ganz ohne Irrtümer ab. Folgenschwer, wenn wir als Autofahrer beim Rechtsabbiegen einen Fußgänger übersehen, wenn ein Stellwerker für einen ungeplant einfahrenden Zug die Weiche falsch stellt oder ein Politiker in hochverantwortlicher Position ein lebenswichtiges Argument aus der Wissenschaft kurzerhand in den Wind schlägt. Übrigens:

Die Lösung des Schläger-Ball-Rätsels

war falsch! Andernfalls würden Ball (10 Cent) mit Schläger (10 Cent plus 1 Euro) anstatt 1,10 Euro 1,20 kosten. Allein schon über die Aufgabe schärfer nachzudenken, erfordert Energie. Noch mehr Energie, aber auch Zeit, benötigt die einzig richtige Lösung, nämlich: Der Schläger kostet 1,05 Euro und der Ball 5 Cent.

Das Schläger-Ball-Rätsel wird mitunter als der einfachste Intelligenztest der Welt bezeichnet. Daniel Kahneman – ein israelisch-US-amerikanischer Psychologe und Hochschullehrer, Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften – hat das Rätsel in sein Bestseller-Buch Schnelles Denken, langsames Denken eingebaut. Er benutzte Quellen, wonach zur Schläger-Ball-Aufgabe viele Tausend Studenten geprüft worden seien. Über 50 Prozent von den Elite-Universitäten Harvard, MIT und Princeton hätte die intuitive – die falsche – Antwort gegeben, bei Studenten von Universitäten mit weniger strenger Auslese läge die Rate sogar höher als 80 Prozent. Kahneman spricht von „Denkfaulheit“ und zieht entmutigende Rückschlüsse auf die Qualität des logischen Denkens im Alltagsleben. Durch Propaganda-Anfälligkeit zeichnet es sich aus. So auch kommen hier leicht Gewissheiten zustande, die keine sein dürften. Oft finden sich dann für ein und dasselbe Problem gleich mehrere Gewissheiten. Nicht nur in der Religion, der Politik und der Produktwerbung, nein, sogar in der Wissenschaft. Es gibt aber jeweils nur eine Wirklichkeit, und das ist die objektive, die von unserem Empfinden und Denken unabhängige.

Innezuhalten um nachzudenken, das Wieso und Warum zu hinterfragen, dem allzu schnellen Vertrauen zu misstrauen, erfordert Zeit, oft auch Kenntnisse, macht daher Mühe und ist nicht jedermanns Sache. Kahneman unterscheidet zwei Arten des Denkens: System 1 (schnell, intuitiv, emotional, unbewusst einsetzend, hartnäckig; beliebt) und System 2 (langsam, rational, abwägend, erklärend, begründend, aufwändig; weniger beliebt).

Nicht nur der Mensch als Einzelwesen wird durch das schnelle und bequeme Denken Opfer falscher Schlüsse, auch die verschiedenartigsten Gruppierungen sind davor nicht gefeit. Einigermaßen Schutz genießen die Anwendungsdisziplinen. Sie haben einen unerbittlichen Kontrolleur, das ist die Praxis. Entweder funktioniert die Sache, um die es geht, oder sie funktioniert nicht – die Uhr, das Flugzeug, das Computerprogramm. Wenn das eigene Produkt noch besser funktioniert als das der Konkurrenten, hat man eine Chance auf einen Platz in der oberen Reihe. Schlechter dran sind die theoretischen Disziplinen. Und noch schlechter die Politiker.

Arme Politiker

Sie brauchen nicht nur gute Lösungen für ihre Probleme, sondern oft auch schnelle. Das Gute: Wenn dabei das Kind in den Brunnen fällt, haben das fast immer Andere auszubaden. Und ganz wichtig: Die Lösungsvorschläge sollten sich von denen der politischen Konkurrenz unterscheiden, koste es, was es wolle. Und Schlagfertigkeit ist gefragt, auch bei objektiver Unsicherheit. In Interviews über die Fragen des Moderators oder über Anwürfe der Opposition erst mal nachzudenken (System 2), werten die Schnelldenker im Publikum als Makel. Dabei sollte doch eher das Gegenteil der Fall sein. Gar noch in der Öffentlichkeit zuzugeben, dass die andere Seite die bessere Lösung hat, kommt politischem Selbstmord gleich. Verhängnisvolle Fehlentscheidungen finden so ihren Lauf. Tagtäglich werden wir deren Zeuge, gleich ob im eigenen Land oder in der Fremde.

Ich schließe die Augen, um Kahnemans Hypothese vom System 1  und 2 auszuprobieren. Um Klima soll es gehen, beschließe ich, um die Erderwärmung. Sofort tauchen CO2 und erneuerbare Energien auf, Klimaneutralität, CO2-Einsparung, Verbrennungsmotoren, Wetterkapriolen, Klimaschutz, dann das Klimaziel 1,5 Grad. Und wieder CO2 … Doch immer mischt sich das System 2 ein. Schon bei erneuerbaren „Energien“ protestiert es, Energie-Quellen seien gemeint, „Energie“ wäre eine fundamentale Größe in der Physik und die gäbe es nur in der Einzahl. Dann: Erderwärmung findet statt, bitte schön, aber durch Veränderung der Sonnenaktivität. CO2 – jawohl menschgemacht, aber bedeutungslos. Denn der Anstieg des CO2-Gehaltes der Atmosphäre passiert durch die wärmebedingte Ausgasung aus Ozeanen, sonstigen Gewässern und aus der Bodenfeuchtigkeit. Ein Diagramm taucht vor meinen geschlossenen Augen auf, mit dem gezeigt wird, dass die Kurve des atmosphärischen CO2-Gehaltes zwar stetig ansteigt, aber vom globalen Lockdown völlig unbeeinflusst blieb. Weltweit agierende Messstationen stehen dahinter. Und die halbe Welt macht auf „klimaneutral“.

Erneut versuche ich, meine Argumente über das System 1 einzubringen, ohne viel nachzudenken, schnell und intuitiv, doch es will nicht so recht klappen. Es ist, als wollte ich mich zwingen, bei der Ball-Schläger-Frage den Preis für den Ball mit 10 Cent anzusetzen, obwohl ich es nun besser weiß. Und um alles besser zu wissen, das zumindest zu glauben, habe ich mit Mühe, aber auch mit Freude eine Menge Wissen zusammengeglaubt. Die staatsnahen Medien taugten dazu kaum (weil einseitig), weit mehr das Internet. Der Vergleich mit den Medien in der DDR und dem Westfernsehen drängt sich da auf. Und das Bedauern, dass diese Art von Westfernsehen heute fehlt, das Alternative.

Das Westfernsehen fehlt

Weiter tickt es in mir – CO2, wieso klimawirksam? Schon Einstein hatte gemeint, dass die Wechselwirkung von Strahlung und Gasmolekülen unabhängig von der Art der Moleküle sei. Mithin wird die Sonderrolle von CO2 bestritten. Die Erde ist, so kann man anderswo erfahren (sogar in manchen mit staatlichen Mitteln geförderten Medien) durch den CO2-Anstieg in der Atmosphäre grüner geworden, Wüsten gehen zurück. CO2 ist Pflanzen-Nahrung, in Gewächshäuser wird es extra eingeleitet. Vom CO2-Anstieg profitieren auch die „Energiepflanzen“-Kulturen. Bis zum Horizont dehnen sie sich aus, die Raps-, Mais- und Getreidefelder, und unsere Landschaft verarmt, wird verhunzt. Besonders schlimm hat es unsere Tier- und Pflanzenwelt erwischt. Wer wie ich die Natur liebt, als Ganzes wie in ihren Details, dem tränt das Herz. Und weiter rumort mein System 2, wieso Klimaziel nicht über 1,5 Grad? Es gibt auf der Welt viel mehr Kältetote als Wärmetote. Und es gab schon immer Warm- und Kaltzeiten. Auch ohne Menschen. Nur noch Gedankenfetzen lasse ich jetzt zu, Windstrom ist gleich Flatterstrom, Ersatz aus dem Ausland. Ob durch Kohle oder Kernspaltung erzeugt – egal ... moderne Kernkraftwerke … Demontage unserer Kraftwerke. Unsere Autoindustrie, einstmals … egal.

Ich brüte weiter, will zum Corona-Theater. In einem weltweiten Großversuch wird, so ist zu erfahren, per Ausnahmegenehmigung Gen-Material verimpft. Bis dahin gab es am  Menschen keinerlei Erfahrung mit verimpften Genmaterial. – Ich werde müde, nur noch stichpunktartiges fällt mir ein, dass Viren mit einsträngiger RNA, so die Corona-Viren, ausgesprochen stark zu Mutationen tendieren. Durch die Impfstoffe Selektion von resistenten Stämmen. Aktuelle Impfschäden. Was bei längeren Zeiträumen? Kollateralschäden durch Lockdown und soziale Isolierung. Was heißt „an oder mit CoVid 19 gestorben“? Und überhaupt, was sind „Corona-Tote“? Zum Schluss fällt mir der Sicherheitsbericht des Paul-Ehrlich-Institutes vom 15. Juli dieses Jahres ein. Und der neuerliche „Gedankenspaziergang“ eines befreundeten Kollegen, der unter dem Namen „Paul F. Gaudi“ vorzieht, anonym zu bleiben („Von Alpha bis Omega“, Heft-Nr. 192). Beide Artikel sind wohltuend objektiv, mein System 2 freut sich … freut sich … freut sich ..., ich will Schlaf.

Doch der meidet mich. An die Kollegen muss ich denken, an die willfährigen und an die schweigenden. Gleich darauf an unsere Politiker und deren Medienleute. An die, die oben angelangt sind oder dorthin wollen. Allesamt gründliche Denker, Langsam-Denker, keine Frage. Sie kennen die Fakten und die Argumente. Negieren, ignorieren und verleumden, ist da angesagt, vereinseitigen, unterdrücken, überspitzen und uminterpretieren. Und das verlangt gründliches Denken. Lieber etwas langsamer als zu schnell. Ob die da oben auch Schlafprobleme haben?

Ich jedenfalls, ich finde keinen Schlaf.

 



Die Seele, wie wird sie gemacht, wo geht sie hin?

 

Herr Professor Wolf, ist es nicht verstörend, wenn man als Hirnforscher allzu gut Bescheid weiß über das, was sich da im eigenen Kopf abspielt? Ständig und immerzu? Da muss einem doch der Schädel platzen!

Wolf (lacht): Sie vermuten bei mir einen „Sprung in der Schüssel“? Keine Sorge, das, was die Hirnforschung bislang zusammengetragen hat, ist zwar viel, unüberblickbar viel, und dennoch hält sich unser Wissen in sehr engen Grenzen.

Viel Wissen und dennoch arg begrenzt, das klingt paradox!

Mag sein. Allein für das vergangene Jahr wurden zur biomedizinischen Forschung weltweit knapp zwei Millionen (genau: 1 703 354) Veröffentlichungen in Fachzeitschriften gelistet, sogenannte Papers. Und unter dem Stichwort „brain“ (Gehirn) finden sich für dasselbe Jahr weit mehr als hunderttausend solcher Arbeiten. Niemand ist in der Lage, sie alle zu lesen (und zu verstehen!). Doch selbst dann wüsste man noch immer nicht die wichtigen Fragen zum Wo und Wie der Hirnleistungen zu beantworten. Auch nicht, wenn man alle einschlägigen Untersuchungen der Vergangenheit kennte. Ich bin vermessen genug zu sagen, dass dies in aller Zukunft nicht anders sein wird.

Wie ist das zu verstehen? Drehen sich die Untersuchungen im Kreise, ist da einfach nicht genug an Neuem?

Nein. Die Fachzeitschriften, in denen die entsprechenden Artikel veröffentlicht werden, achten streng auf die Originalität, alte Hüte finden da keinen Platz – ganz anders als in der Politik zum Beispiel. Und dennoch reicht das Wissen von heute nicht einmal aus, um die Funktionsmechanismen einer x-beliebigen Zelle exakt zu beschreiben. Für jede Zelle ist mit schätzungsweise 10 000 verschiedenen Molekülarten zu rechnen, die zu einem funktionellen Netzwerk verflochten sind. Bereits der Ausfall einer einzigen Molekülsorte oder deren Veränderung kann Krankheit, kann Tod bedeuten.

Mir schwant bereits Entsetzliches, wenn ich da an unser Gehirn denke.

Zu recht! Unser Gehirn besteht aus ungefähr 100 Milliarden ganz verschiedenartiger Nervenzellen und etwa ebensovielen „Hilfs“zellen, den Gliazellen. Hinzu kommen die Zellen der Blutgefäße, die das Gehirn wie ein feines Gespinst durchziehen. Das Ärgste aber liefern die Netzwerke der Nervenzellen. Jede einzelne von ihnen verfügt über mehr oder weniger lange Fortsätze, über die sie mit jeweils hunderten oder gar zehntausenden anderen Nervenzellen informationelle Kontakte unterhält. Ständig verarbeiten die Zellen Informationen, selbst im Schlaf kennen sie keine Ruhe. Und dabei verändern sie in jeder zehntausendstel Sekunde ihren Funktionszustand. Auf elektrische und auf chemische Weise passiert das. Wer schon wähnt sich da berufen durchzublicken? Selbst denkbar größte Teams von Hirnforschern sind da chancenlos.

Aber in der Zukunft vielleicht doch. Zumal unter Zuhilfenahme gigantischer Computer, solchen, wie sie irgendwann einmal zur Verfügung stehen werden.

Das wird oft und gern behauptet. Doch wäre mit einem solchen Ansinnen selbst der theoretisch größte und schnellste Computer überfordert. Denken wir an einen Rechner in der Größe des von uns beobachtbaren Weltalls (Radius über 40 Milliarden Lichtjahre). Lassen wir jedes Materieteilchen sollte mit der theoretischen Maximalgeschwindigkeit arbeiten, das sind 6 mal 10 23 Operationen/Sekunde. Selbst wenn dieses Teilchen seit dem Urknall rechnete (vor 13,8 Milliarden Jahren = 10 17 Sekunden), würde es bis heute nicht mehr als 10 40 Rechenoperationen schaffen – also eine Eins mit 40 Nullen. Da die Gesamtmenge der Teilchen in „unserem“ Universum auf 10 80 veranschlagt wird, käme es für den gigantischen Rechner auf 10 120 Rechenoperationen hinaus. Seit dem Urknall. Diese aber reichten gerade einmal für die Berechnung eines Netzwerkes aus 120 Nervenzellen mit jeweils 10 verschiedenen Zuständen aus (= 10 120)!

Wischnewski kratzt sich am Kopf: Wie Sie sagten, verfügt unser Gehirn nun nicht über 120 Nervenzellen, sondern über 100 Milliarden!

Und jede einzelne Zelle über praktisch unendlich vielen Zustandsformen – alles klar?

Wozu dann überhaupt noch Hirnforschung?

Der Erkenntnisdrang des Menschen ist nun mal unbegrenzt. Für die Hirnforschung gibt es so ungeheuer viele Details, die zu erkunden anstehen. Nicht zuletzt verbessern sich damit die Aussichten auf die Behandlung von Hirnkrankheiten. Vieles ist erreicht. Auch im Verständnis des „Anders-Seins“ von Menschen, deren Schicksal durch Anomalien von Hirnstrukturen bzw. -funktionen gezeichnet ist. Allein schon, wenn wir an die Veränderungen im alternden Gehirn denken.

Und wie sieht es denn nun mit der Erforschung der ganz großen Hirnleistungen aus? Ich denke dabei an Lernen und Gedächtnis, an Hören und Sehen, an das Operieren mit Zahlen, überhaupt an die Logik. Und wie sind die Emotionen zu erklären und die daraus erwachsenden Bedürfnisse? Erst recht wie das, was wir Seele nennen?

Lange Zeit hoffte man auf durchbruchartige Erfolge mittels bildgebender Verfahren. Tatsächlich liefert die Magnetresonanztomografie (MRT) mit ihren funktionellen Varianten hochinteressante Bilder. Bunte Fleckenmuster sind das, die auf Zentren im Gehirn verweisen, die sich dem Funktionszustand verändern. Doch zeigt sich, dass solche Untersuchungen zu einer viel zu engen und letztlich auch nicht wirklich hilfreichen Sichtweise führen. Selbst der kleinste bunte Fleck enthält tausende, wenn nicht hunderttausende Nervenzellen mit jeweils unterschiedlichen Aufgaben. Manche Zellen wirken auf andere erregend, manche hemmend, die einen rasch, die anderen langsam. Und das mit Überträgerstoffen, die sich von Zelltyp zu Zelltyp unterscheiden. Mehr noch, die Nervenzellen greifen über ihre Fortsätze oft weit über den Ort ihres Vorkommens hinaus und beliefern mit ihren Botschaften entfernt liegende Hirnregionen, ohne dass sich das mit der funktionellen MRT erfassen lässt. Was also bringt der „Lokalisationismus“, wie ihn diese bunten Hirnkarten suggerieren? Das fragen sich heutzutage die meisten von uns.

Soll das heißen, alles ist eins im Gehirn, es gibt da gar keine regionalen Unterschiede?

Das nun wäre auch wieder falsch. Das Hören konzentriert sich auf andere Hirnbereiche als das Sehen oder Schmecken, und die Empfindungen von Angst oder Schmerz lassen sich wiederum anderswo verorten. Wir wissen, wo im Gehirn die Glücks-Empfindung zuhause ist, durch welche Art von Überträgerstoffen und Empfängermoleküle sie zustande kommt, und wie das Glücksgefühl medikamentös oder – im Falle schwerster Depression –  über eingepflanzte Hirn-Elektroden zu beeinflussen ist. Ungeheuer viel Wissen hat sich angesammelt. So zum Beispiel eben auch, dass Funktionszentren im Gehirn jeweils viel weiter ausgreifen als bisher vermutet. Ebenso die dort ansässigen Störungen.

Und wie nun sehen die Antworten zu meinen Fragen aus?

Es gibt leider immer nur solche der ungefähren Art. Die Psychologen kennen das, auch wenn sie sehr dazu neigen, ihre Ansichten mit Befunden der Hirnforschung zu illustrieren, allzumal mit bunten Hirnkarten. Umgekehrt schmücken Hirnforscher Aussagen psychologischer Art gern mit nichtssagenden Verweisen auf das Gehirn. Etwa in der Art, „unser Gehirn merkt sich, denkt sich, fühlt, will, speichert, lernt …“. Ja, was denn sonst, doch nicht etwa die Kniescheibe! Leider aber können wir nicht einmal erklären, wie sich im Gewirr der Nervenzellen ein Fragezeichen darstellt oder wie die Ziffer eins oder drei, und schon gar nicht, wie das Gesicht unseres Kindes oder eines Freundes oder das Gefühl von Zorn oder Liebe. Wir können nicht sagen, wie auf Nervenzell-Ebene eine Eins und eine Zwei addiert werden, und noch viel weniger, wie im Nervenzellgewirr der Streit mit dem Nachbarn oder mit einem politischen Gegner ausgefochten wird. Das mit Abstand größte Rätsel ist, wie sich aus der materiellen Natur des Gehirns etwas Ideelles ergeben kann, etwas Subjektives, ein Gefühl zum Beispiel oder gar, was wir Geist, was wir Seele nennen.

Das Leipziger Kabarett „Die Pfeffermühle“ fragte in solchen Fällen: „Und, was lernt uns das?“

Zum einen, bescheiden zu bleiben, und zum anderen, sich durch die Kompliziertheit der Aufgaben nicht entmutigen zu lassen. Auch wenn es nicht die großen Antworten auf die großen Fragen sind, die kleinen helfen Stück für Stück weiter, uns in unserer Einzigartigkeit zu begreifen. Das betrifft sowohl die Besonderheit der Spezies Mensch als auch die eines jeden Einzelnen von uns. In vielen Fällen zielt die Forschung darauf ab, Störungen von Hirnfunktionen und Hirnkrankheiten besser als bisher zu verstehen und damit die Chancen zu deren  Heilung oder Linderung zu verbessern.

Zum Schluss die Titelfrage: Was ist die Seele, wie wird sie gemacht, wo geht sie hin?

Da ist kaum ein Mensch, der sich das nicht auch schon gefragt hat. Spätestens dann, wenn er zuschauen muss, wenn jemand am Sterben ist. Vielleicht sogar er selbst. Verrinnt die Seele ins Nichts, oder wird sie davor in wundersamer Weise bewahrt? Darüber lässt sich auch von professioneller Seite her nichts Verbindliches sagen, nichts von Philosophen und Theologen, nichts von Psychologen und eben auch nichts von den Hirnforschern. Gibt es, fragen sich einige von uns wie von manchen Quantenphysikern vorgedacht, neben dem Energie-Erhaltungssatz auch einen Informations-Erhaltungssatz? Kann also Information, mithin alles was wir je gedacht, gewusst, gesagt haben, einfach verschwinden, letztlich unsere Seele?

Alles ein einziges Wunder!

Jedenfalls etwas Wunderbares. Die einen glauben, in der Seele ein Wunder der Schöpfung zu sehen, die anderen sprechen von einem Wunder der Evolution, eines sich über Millionen von Generationen erstreckenden Selbstoptimierungsprozesses. Gleichviel, jedes Wesen, dem wir Subjektivität zubilligen – Seelenhaftigkeit mit anderen Worten –, verdient unseren Respekt. Das gilt nicht nur für uns Menschen, sondern auch für hochentwickelte Tiere. Selbst für solche, denen wir, um sie zu verspeisen, nach dem Leben trachten. 

 Was glauben und was nicht?

Zum Beispiel der Glaube an den Elefantengott Ganesha oder an den menschgemachten Klimawandel. Da so viele Andere ebenfalls daran glauben, kann das nicht völlig falsch sein. Es soll Menschen geben, die an nichts glauben, noch nicht einmal an sich selbst. Notorische Skeptiker sind das. Ganz sicher zählen sie nicht zu den Glücklichsten, womöglich noch nicht einmal zu den Glücklichen. Wie glücklich hingegen Kinder schauen, die soeben vom Weihnachtsmann beschenkt worden sind, oder Schüler, wenn sie für ihren Deutsch-Aufsatz ganz unverhofft eine Eins bekommen haben. Jedermann und jedefrau schauen glücklich drein, wenn sie sich von Anderen bestätigt wähnen oder –­ was ist mehr? –­ geliebt. Wie gut das Geliebtwerden tut! Auch dem, der die Gutgläubigkeit des Anderen gar nicht verdient. Menschen, die, im Rampenlicht stehend, gewohnt sind, dass man an sie und ihre Fähigkeiten glaubt, geben sich mitunter recht bescheiden, wenn sie bejubelt werden. Sie stehen Modell für die vielen da unten, die liebend gern mit ihnen tauschten. Mitunter führt das geradewegs in die Glaubensraserei.

So sympathisch das mit dem Glauben und der Glaubensfähigkeit ist oder scheinen mag, es gibt eine Kehrseite. Allzu viele haben an den Sozialismus geglaubt, an den nationalen der Marke Stalin oder Mao oder Hitler. Oder an den von Ulbricht und Honecker. Andere setzen stattdessen auf die Liebe des einen alleinigen Gottes. Wohl wissend, dass er, wenn er es denn tatsächlich sein sollte, Kinder verstümmelt zur Welt kommen lässt oder noch bevor sie eine Sünde begehen können, zu Kranken macht, ja, sie sterben lässt. Unverzagt wird dennoch weitergeglaubt, von so vielen! Auch an irgendwelche Chefs oder Politiker, die das wahrlich nicht verdienen.

Doch gibt es zum Glauben immer eine Alternative: das Wissen. Und wenn das Wissen nicht zur Verfügung steht oder nicht ausreicht, dann ist es das Wissen um das Nicht-Wissen. Dieses in Wissen zu verwandeln, verlangt Anstrengung. Sofern es sich um ein persönliches Defizit handelt, dann durch Nachschlagen in Büchern und Zeitschriften, durch Befragen von Personen, die über das entsprechende Wissen verfügen, oder, heutzutage recht einfach, durch Klicken im Internet. Sind die Wissenslücken grundsätzlicher Art, ist es Sache von Wissenschaftlern, diese zu schließen. Sie beginnen dann mit einer Annahme, dass etwas so oder so sei, mit einer Hypothese also, aber mit dem Ziel, die Hypothese schnell durch Wissen zu bestätigen. Oder, auch das, die Hypothese abzulehnen.

Wissenschaftler sind nicht Glaubenschaftler

Die Anzahl von Wissenschaftlern geht heutzutage in die Millionen und Abermillionen. Ob das, was sie herausfinden, korrekt ist, wird in der Praxis entschieden oder, so in der Grundlagenforschung, über den Diskurs in der Fachöffentlichkeit. Und der zieht sich oft lange hin. Kaum jemals werden neuere Erkenntnisse unwidersprochen akzeptiert. Und immer gibt es dafür ausreichend Gründe, denn was schon ist so eindeutig wie das Ohmsche oder das Hebelgesetz. Oder die Erkenntnis, dass die Erbinformation durch Nukleinsäuremoleküle verschlüsselt wird. Doch sei gewarnt: Regelmäßig kommt es in der Wissenschaft zu Entgleisungen der pseudowissenschaftlichen Art!

Zum Beispiel wird bis zum heutigen Tag von vielen Neurowissenschaftlern glauben gemacht, irgendwann einmal durch ihre Methoden herausfinden zu können, wie unser Gehirn denkt, fühlt und glaubt – ein Gestrüpp aus hundert Milliarden Nervenzellen und dem Tausendfachen an synaptischen Verbindungen. Ich selbst habe das lange Zeit auch geglaubt. Wie ich heute weiß, ist in Anbetracht der astronomisch, ja „überastronomisch“ hohen Zahl von informationellen Kombinationsmöglichkeiten die Hoffnung auf eine solche Analyse geradezu absurd.

Machen wir uns nichts vor, wie in der Politik oder in der Wirtschaft ist es auch in der Wissenschaft gang und gäbe, irgendwelche Behauptungen auf Sockel zu heben, um daraus Dogmen zu machen, Doktrinen zu stricken. Alternative Befunde werden dann kurzerhand verworfen, vertuscht oder als „umstritten“ gebrandmarkt. Bedenklich, wenn dies mit politischem Rückenwind geschieht. Dann werden widersprechende Resultate oder Auffassungen in aller Öffentlichkeit verleumdet und deren Urheber verächtlich gemacht oder zum Schweigen gebracht. Im Regelfall genügt die Androhung von beruflichen Nachteilen.

Entsetzlich, wie man in der Sowjetunion zu Stalins Zeiten die Wissenschaft verbog. Hier wurde eine Irrlehre des Agarwissenschaftlers Trofim Denissowitsch Lyssenko, die der Vererbung erworbener Eigenschaften, zur Staatsdoktrin erhoben, um mit ihr zum Sturm gegen die „faschistische“ Genetik zu blasen. Auf so manche Genetiker warteten Konzentrationslager, die Gulags, wo ihnen der Tod drohte. In der DDR wurde der Kampf mit minderer Gewalt geführt, da das Land mit hochangesehenen, mutigen Genetikern aufwartete, die das Schlimmste verhüteten. Dennoch sind auch hier erbliche Einflüsse auf die geistige Entwicklung des Menschen rundweg geleugnet worden, Erziehung und Umwelt seien die einzigen Faktoren, auf die es ankäme. Lyssenkos Theorie der Vererbung erworbener Eigenschaften folgend, wollte man den „neuen sozialistischen Menschentyp“ kreieren. Und auch hier fanden sich nicht zu knapp Menschen, die diese Ansichten unterstützten und für die Verbreitung des Dogmas sorgten. Den meisten der anderen fehlte der Mumm zum Widerstand. Vom Bildungsweg her waren sie Wissenschaftler, doch verdienten sie diese Bezeichnung nicht.

 

Glaube, Wissenschaft und Pseudowissenschaft

Das Wort „Glauben“ verbinden wir klischeehaft mit Religion. Dabei ist die Glaubensfähigkeit eine der Voraussetzungen, um überleben zu können. Andernfalls würden wir uns kaum aus der Wohnung und kaum aus dem Haus getrauen, oder in eine Einkaufspassage, geschweige denn auf ein Fahrrad oder in ein Auto, weil uns ja überall etwas Schlimmes passieren könnte. Dabei sind wir geradezu erpicht darauf, die Risiken, die das Leben nun mal bereithält, zu minimieren. Da heißt es, den Organismus mit genügend Vitaminen, Calcium, Magnesium, Eisen und Spurenelementen zu beliefern und zugleich ein Übermaß zu vermeiden. Auf den Lebensmittelangebot sollte „Bio“ stehen, „gentechnikfrei“ und nach Möglichkeit „vegan“, „laktose-“ sowie „glutenfrei“. Für ausreichend Bewegung ist zu sorgen, körperlich wie geistig. Am besten Sport, aber nicht zu intensiv. Wir glauben das einfach, ja, bilden uns ein, als ob wir das alles genau wüssten.

Indem die Corona-Ängste langsam zurückgefahren werden, nehmen zeitgleich die Sorgen um den Klimaschutz wieder den obersten Rang ein. Die CO2-Konzentration in der Atmosphäre wächst ständig, da der Mensch, heißt es, fossile Energieträger in Unmassen verbrenne. Würde das 2-Grad-Ziel verfehlt, käme es zu einer weltumfassenden Umweltkatastrophe, die die Natur und mit ihr die Menschheit nicht übersteht. Schon jetzt breiteten sich überall die Wüsten aus, heißt es, und die Versteppung nähme zu. Anderen will das nicht gefallen. Im Gegenteil, sagen sie, CO2 sei ein wichtiger Pflanzendünger, und tatsächlich würde die Erde dank der höheren CO2-Konzentration  immer grüner, immer üppiger. Der Zugewinn an vergrünter Landmasse wäre mittlerweile doppelt so groß wie die Landfläche der USA. Offenkundig soll damit Verwirrung gestiftet werden, warum sonst suchen immer mehr Menschen aus anderen Ländern bei uns Zuflucht, allzumal Umweltflüchtlinge? Denn, so weiß man, wir sind ein reiches Land und können es uns leisten, allen diesen Menschen Schutz zu gewähren. So auch erlauben wir uns, das harte Eignungsprinzip zugunsten von bislang unterdrückten Bevölkerungsschichten einzuschränken oder auch ganz aufzugeben. Für Frauen zum Beispiel und Schutzsuchende. Oder?

Diese und viele, viele weitere Feststellungen fußen auf wissenschaftlicher Basis. Verlässliche Quellen finden sich in unseren Qualitätsmedien. Völlig undenkbar wäre es, alle die jeweiligen Belege aus eigener Kraft beizubringen. Selbstredend gibt es, wie überall im Leben, auch in der Wissenschaft Querulanten, Leute, die mit pseudowissenschaftlichen Behauptungen gegen den Strom schwimmen und versuchen, die Bevölkerung zu verunsichern. Sie haben damit leichtes Spiel, weil ein Großteil nicht über die Urteilsfähigkeit verfügt, falsch von wahr zu unterscheiden. Umso wichtiger ist es, sich an jene Wissenschaftler zu halten, die verlässlich sind und als solche über unsere Qualitätsmedien ausgewiesen werden. ­­–­ Was glauben und was nicht, darf das dann noch eine Frage sein?

 

 

Jeder ist nicht jeder

Obwohl uns die Politiker am liebsten so sehen. Als Masse. Schon der Manipulierbarkeit wegen. Nein und tausendmal nein, niemand ist einfach ein Stück Masse, niemand ist wie jeder Andere. Andernfalls wäre er tatsächlich austauschbar. Und das hieße, die uns eigene Einmaligkeit aufzugeben, mithin unser Ich! Sowieso passiert das irgendwann einmal, nämlich dann, wenn wir sterben. Ich jedenfalls, ich möchte bis dahin doch bitte ich selbst bleiben. Zwar würde unsereiner gern die eine oder andere Eigenschaft von Menschen übernehmen, die man derentwegen bewundert. Aber mit dem Bewunderten tauschen? Wie sollte sich solch Tausch anfühlen, für den einen wie für den anderen, wie würde man das Ich des Anderen empfinden? Diese Frage führt zu einer anderen, einer zunächst trivial anmutenden, dennoch sehr bedeutsamen: Wer bin ich? Es ist eine der Schlüsselfragen der Philosophie. Befriedigende Antworten gibt es nicht, womöglich nie.

Dass ausgerechnet ich es war, der vor Jahren geboren wurde, ist reiner Zufall. Genauso gut könnte das irgendeine Schwester gewesen sein oder ein Bruder, und ich selbst hätte nie existiert, wäre eine Nicht-Existenz. Niemand hat auch nur die Spur einer Ahnung von solchen Nicht-Existenzen. Nirgendwo lässt sich ihre Existenz einklagen. Theoretisch könnte ein Elternpaar mehr als 8 Millionen Kinder zeugen, die sich allesamt voneinander unterscheiden. Nicht irgendwie, sondern genetisch. Wie das?

Jede unserer Zellen verfügt in ihrem Zellkern über 23 verschiedene Chromosomen, und von diesen gibt es jeweils 2 Sätze, insgesamt also 46. Den einen Chromosomensatz haben wir von unserer Mutter ererbt, den anderen vom Vater. Die zunächst noch unreife Ei- und Samenzelle, aus denen wir später hervorgegangen sind, haben während ihrer Reifeteilung jeweils eines von den zwei Chromosomen der 23 Chromosomentypen über Bord geworfen. Welches, ist rein zufällig. Damit verbleibt in reifen Ei- und Samenzellen von den einst 46 Chromosomen nur die Hälfte, also 23 Chromosomen, und zwar von jedem Typ eines. Nachfolgend vereinigen sich die so gereifte Ei- und Samenzelle, und das ergibt erneut die Anzahl von 46 Chromosomen. Dabei aber sind diese dem mütterlichen und väterlichen Erbgut entstammenden Chromosomen dem Zufallsprinzip entsprechend neuartig kombiniert worden. Genau 2 exp. 23 = 8.388.608 verschiedene Kombinationsmöglichkeiten gibt es dafür – eine Art von Chromosomenlotterie also! Wenn man den zusätzlich möglichen Austausch von Stücken aus den mütterlichen und väterlichen Chromosomen hinzurechnet, tendiert für jedes Elternpaar die theoretisch mögliche Anzahl von genetisch verschiedenen Kindern ins Unendliche. Jedes von ihnen ist nicht jedes.

Gleich und doch nicht identisch

Obwohl wir Menschen über ein- und dieselben Gene verfügen, sind diese dennoch nicht identisch. Die molekularen Zustandsformen dieser Gene unterscheiden sich, die der DNA. Allele nennt man die differierenden Gene. Maßgeblich diese sind es, durch die sich die Menschen bei der Herausbildung ihrer äußeren und inneren Merkmale unterscheiden: Körperbau und -größe, Gesicht, Haarfarbe und -form, Augenschnitt und Farbe der Iris, Ohrmuscheln, Stimmlage, Hautfarbe, die Form der Hände und die der Nägel. Auch weniger evidente Unterschiede gibt es, solche im Bau der inneren Organe, in der Chemie des Blutes oder in Form spezieller Krankheitsneigungen. Wie von Geisterhand gesteuert, entwickeln sich die meisten dieser Merkmale bereits in der Embryonalzeit. Ebenso die Anlagen für unsere psychischen und geistigen Qualitäten. Sie sind das Ergebnis einer immer komplexer werdenden „Verdrahtung“ von Zellelementen innerhalb des Gehirns. Das beginnt ebenfalls bereits in der Embryonalzeit, setzt sich im Laufe der Kindheit fort und reift oft erst mit dem Erwachsenwerden aus. Dabei formen sich auch die für unsere Individualität maßgeblichen Persönlichkeitsmerkmale aus. In Analogie zu den Trophäentieren der afrikanischen Großwildjäger als „Big Five“ bezeichnet, werden sie in fünf Klassen eingeteilt:

1.    Offenheit für Erfahrungen,

2.    Gewissenhaftigkeit,

3.    Extraversion / Introversion,

4.    Verträglichkeit,

5.    emotionale Stabilität.

 

Innerhalb dieser Klassen wird die Merkmalsausprägung etwa zur Hälfte von den Genen diktiert. Der andere Part ist Ergebnis von Eigenerfahrungen und den Bedingungen der Umwelt. Im Falle der Intelligenz rechnet man mit einem genetischen Anteil von etwa 80 Prozent. Stellen wir uns den jeweiligen Grad der Merkmalsausprägung tabelliert vor, zum Beispiel durch zehn verschiedene Stufen und diese in jeweils unterschiedlichen Farben, dann ergibt sich für jeden einzelnen Menschen ein ausgesprochen buntes Bild. – Jeder ist eben nicht jeder!

Viele Menschen, darunter Politiker und manche Wissenschaftler (eher solche aus dem nicht-naturwissenschaftlichen Bereich) wünschen die Gene zum Teufel. Und das aus einem humanitären Grund. Einfach, weil die schicksalhafte Verteilung ihrer Gaben grob ungerecht erscheint. Insbesondere dann, wenn die Erbanlagen zu Krankheiten oder zu einer schweren Behinderung führen. Oder zur Benachteiligung der Intelligenz oder der Emotionalität. Doch unsere Wünsche lässt die Natur kalt. Geht es um die belebte Welt, ist für sie maßgebend, was durch die Evolution festgelegt wurde.

Die Gene entscheiden, ob aus einer jeweiligen Fortpflanzungszelle ein Wasserfloh entsteht, ein Rhesusaffe oder ein Apfelbaum. Und wenn ein Apfelbaum, dann von welcher Sorte. Aus anderen Fortpflanzungszellen entstehen Menschen. Ein jeder mit dem Potenzial, neben seinen genetisch festgelegten Merkmalsanlagen durch die Umwelt und durch Eigenerfahrung zusätzliche Eigenheiten auszuformen, und das oft in einem grenzenlos erscheinenden Umfang. So manche Benachteiligung der genetischen Art lässt sich dadurch ausgleichen beziehungsweise ein über das Erbgut erlangter Vorzug weiter ausbauen. Stichwörter: Talentpflege, Begabtenförderung. Allemal gilt: Jeder ist nicht jeder!

Was aber ist mit eineiigen Zwillingen?

Zwillingsstudien gehören zum Aufschlussreichsten, was die Genetik des Menschen, die Humangenetik, zu bieten hat. Eineiige Zwillinge (Drillinge, Mehrlinge) sind genetisch so gut wie identisch. Beispiele für geradezu verblüffende Übereinstimmungen gibt es ohne Zahl. Aber auch für solche, in denen sich die Zwillingspartner mehr oder weniger auseinanderentwickeln. Eigentlich sollte alles, was sie voneinander unterscheidet, von den Genen unabhängig sein. Doch fast immer künden auch dann gewisse Nuancen vom genetischen Hintergrund.

Wie überhaupt ist die genetische Identität bei den eineiigen Zwillingen zu erklären? Nach der Befruchtung einer Eizelle durch ein Spermium kommt es zunächst zu einer Reihe von Zellteilungen. Eineiige Zwillinge entstehen dann, wenn sich – aus bis heute ungeklärten Gründen – die aus den ersten Zellteilungen resultierende Zellmasse in zwei (eventuell mehr) Gruppen aufteilt, die hernach als eigenständige Individuen heranreifen. Im Regelfall als Zwillinge. Eineiig genannt, weil sie einer einzigen (befruchteten) Eizelle entstammen. Da sich bei den üblichen Zellteilungen am Chromosomenbestand nichts ändert, sind sämtliche Zellen der neuen – eineiigen – Erdenbürger genetisch so gut wie identisch. Und nicht nur das. „Zum Verwechseln ähnlich“ seien die Zwillingspartner, befindet ihre Umwelt.

Die geistigen Fähigkeiten und die psychischen Eigenschaften eineiiger Zwillinge verdienen ein besonderes Interesse. In entsprechenden Studien vergleicht man gemeinsam mit getrennt aufgewachsenen Zwillingen und diese mit zweieiigen. Zudem mit sonstigen Geschwistern wie auch mit Adoptivkindern, die in derselben Familie aufgewachsen sind. Was immer man untersucht, stets imponiert der hohe Grad der Übereinstimmung der eineiigen Zwillinge, gemessen an der von anderen Gruppen. Wenn es um Intelligenzquotienten oder sonstige Begabungen geht, sorgt das im Lager von Umwelttheoretikern regelmäßig für helle Aufregung. Oder die Ergebnisse werden einfach unter den Teppich gekehrt.

Eines ist bei den eineiigen Zwillingspartnern grundverschieden: das Ich-Bewusstsein. Jeder der Partner verfügt über ein völlig eigenständiges Ich, keinerlei Vermischung gibt es da. Warum eigentlich? Wenn Menschen genetisch identisch sind, sollte das zu praktisch identischen Gehirnen führen, mithin zu gleichartigen Hirnleistungen und daher auch zu gleichen Bewusstseinszuständen. Doch was überhaupt ist Bewusstsein, und wie funktioniert das mit dem Ich-Empfinden? Trotz intensiven Bemühens gibt es dafür bis heute keine befriedigende Erklärung, weder von Psychologen noch von Philosophen noch von Hirnforschern. Gerade mal darüber besteht Einigkeit, dass das Bewusstsein eine Hirnleistung ist. Nämlich das Ergebnis eines „irgendwie“ gearteten Zusammenwirkens von etwa hundert Milliarden Nervenzellen und ebensovielen Gliazellen mit jeweils hunderten und tausenden synaptischen Kontaktstellen. Doch wie den Modus operandi eines solchen Verbundes verstehen? Astronomisch viele informationelle Wechselwirkungen gilt es dabei einzurechnen, ja „über“astronomisch viele („Können wir unser Gehirn verstehen?“, https://www.youtube.com/watch?v=zXxZ6Ej75e0). Und dazu ist unser Gehirn nicht in der Lage. Auch nicht ein kollektiver Verbund aus den Gehirnen sämtlicher Hirnforscher dieser Welt. So paradox es klingen mag: Unser Gehirn ist viel zu klein für seine Größe.

Es bleibt dabei, auch wenn es den Politikern missfällt: Jeder ist nicht jeder!

  


Globaler Lockdown und – das globale CO2 lacht!

Wenn das mit dem CO2, dem Klimakiller Nummer 1, so weitergeht, ist die Klimakatastrophe unabwendbar, mithin Klimaschutz das Gebot unserer Zeit. Jeder kann es überall und immerzu lesen und hören. Allerdings ist nicht jeder jeder. Viele Klimatologen vertreten ganz andere Ansichten. Daneben gibt es Nicht-Fachleute, solche wie ich zum Beispiel, die sich zu derlei Fragen im Internet kundig machen, und auch sie zweifeln an den offiziellen Darstellungen. Einigkeit besteht dahingehend, dass die atmosphärische CO2-Konzentration in der vorindustriellen Zeit etwa 280 ppm (0,028 Prozent) betrug, heute mehr als 400 ppm. Und dieser Zuwachs sei menschgemacht, sei anthropogen. Heißt es. Überall, wo die grüne Ideologie greift. Und sie greift inzwischen weltweit über fast alle Parteifarben hinweg. Zwar wird zugegeben, dass der menschgemachte Anteil in der Atmosphäre nur etwa 5 Prozent des Gesamt-CO2 beträgt. Aber genau dieser Anteil wäre es, der in den letzten zweihundert Jahren draufgesattelt worden sei. Und noch immer draufgesattelt wird.

Wie zu erwarten, sank während des Corona-bedingten Lockdowns die anthropogene CO2-Produktion deutlich ab:

     Grafik 1: https://www.scinexx.de/news/geowissen/pandemiefolgen-staerkster-co2-rueckgang-der-geschichte/

Entsprechend verminderte sich auch der atmosphärische CO2-Gehalt. Oder? – Pustekuchen, die Konzentration dieses Gases steigt mit seinen wohlbekannten jahreszeitlichen Schwankungen weiterhin und unvermindert an! Das zeigen die großen, weltweit etablierten Messstationen Barrow, Samoa, Südpol und Mauna Loa:

     Grafik 2: https://www.esrl.noaa.gov/gmd/ccgg/trends/gl_trend.html

Dazu der näch­ste Schlag: die gegenwärtig weltweite Kältewelle trotz des munter weitersteigenden CO2! Seit langem ließ sich die Befürchtung, dass wachsende CO2-Konzentrationen zu einer allgemeinen Erderwärmung führen, auf theoretischer Basis widerlegen. Kürzlich nun erbrachten die norwegischen Physiker T. O. Seim und B. T. Olsen (2020) dafür den Beweis auf experimentellem Wege*). Hiernach führt eine Zunahme des CO2 von gegenwärtig 0,04 % auf 100 % zu keiner spürbaren Erwärmung. 

  • Was nun? Entweder wird unsere Energiepolitik von Grund auf korrigiert, oder, was kraft allgemeiner Überzeugungsanstrengungen wahrscheinlicher ist, die Maßnahmen zur CO2-Vermeidung werden vervielfacht. Die Anderen wird es freuen, wenn wir uns als wirtschaftliche Konkurrenten selbst aus dem Weg räumen.

*) www.scirp.org/pdf/acs_2020041718295959.pdf



Ich bin doch nicht blöd!

Mein Cousin Harald aber meint, doch, ich sei es. Bloß weil ich Angst habe, Angst vor Corona und Angst vor dem Klimawandel. Und Angst vor den Rechten. Auch vor denen, die da mit Verschwörungstheorien daherkommen. Denn die sind gefährlich, brandgefährlich!

Allein schon, wenn ich an die Infektionszahlen denke. Die wollen einfach nicht zurückgehen. Und die Inzidenzwerte und die R-Werte. Mein Cousin Harald hatte versucht, mir diese Zahlen zu erklären, aber egal, schlimm sind die auf jeden Fall. Auch was da tagtäglich in den Nachrichten gesagt wird. Außerdem lauern ständig und überall diese Mutationen. Sie sind noch gefährlicher! Man muss nur mal zuhören, wenn der Professor von dem Robert-Koch-Institut spricht. Oder der eine, der früher immer mit Fliege rumlief. Leider aber gibt es auch solche Leute wie der da neulich im Supermarkt. Seine Maske hatte gerade mal den Mund verdeckt, und durch die Nase schniefte er Wolken von Viren. Geradezu sehen konnte ich die. Dem habe ich aber Bescheid gesagt! Eine andere Kundin hatte mir zugenickt, eine, die wie ich Angst hat, Angst vor solchen Leuten hat. Unsere Schulen sind zu und mal wieder auf und wieder zu, die Fabriken und alle möglichen Läden auch, das Fitness-Studio von gegenüber. Und meine Mutter darf ich seit Langem kaum noch besuchen, sie lebt im Heim. Furchtbar, wie sie sich dort quält, weil sie denkt, ich kann sie nicht mehr leiden. Gar nicht wissen will ich, was es da überall noch für Dramen gibt, stinkige Langeweile, Streit, Schläge, Verzweiflung und Selbstmorde. Gut, dass uns die Medien damit verschonen, indem sie lieber über die USA oder Weißrussland berichten, oder über dieses Myan… – egal wie das heißt. Und dieses furchtbare Corona-Elend wütet nur deshalb, weil es solche unbelehrbaren Virusschleudern gibt wie den da im Supermarkt. In manchen Teilen der Welt wird nur noch gestorben. Wenn jeder zuhause bliebe, wäre Schluss mit dem Spuk. So einfach ist das!

Vielleicht schlimmer noch

Dabei übersehen die meisten, dass es eine womöglich noch größere Gefahr gibt. Das ist der Klimawandel. Auch hier wieder finden sich Menschen, die meinen, das alles sei Quatsch. Zum Beispiel wegen dieser Kältewelle. Sie alle ahnen noch nicht einmal, dass gerade diese Kälte eine Folge der ständig zunehmenden Erderwärmung ist. Ganz genau wissen das die Leute von dem Potsdamer Klima-Institut. Nicht nur die da, nein, alle sagen das! Die gesamte Erde wird austrocknen und unfruchtbar werden. Schon jetzt diese Wüsten, die Versteppung, die rissigen Ackerböden, die Hurrikane und Brände, der Hunger! Mein Cousin Harald aber meint, die Erde würde seit Jahren grüner werden, die Wüsten zurückgehen. Und warum? Wegen des C-O-Zwei, Dünger sei das. Er hat mir dazu eine Menge angeblicher Beweise angeschleppt. Doch auch das viele Grün macht mir Angst. Überall wachsen dann Urwälder. Wie damals, als sich bei uns in der Börde die Saurier tummelten. Wenn es noch wärmer wird, was denn dann? Im letzten Sommer, wie die Fliegen sind die Leute gestorben. Auch die Menschen in den Polarregionen leiden unter der Erderwärmung, einfach, weil sie an die Kälte gewöhnt sind und sie brauchen. Und alles das, das ganze Elend, wegen dieses grässlichen C-O-Zwei!

Da fahren die Leute mit ihren Autos in der Weltgeschichte herum und puffen das Gift munter in die Luft, auch Stickoxide. Und noch immer stinken bei uns die Kohlekraftwerke vor sich hin. Neulich in unserer Zeitung, da war ein Foto mit einem herrlich roten Abendhimmel, und, im Vordergrund, ein Kraftwerk, aus dessen Schloten schwärzester Rauch quoll. „Schön“ gegen die untergehende Sonne zu sehen. Nur Wasserdampf, sagte mein Cousin. Von wegen Wasserdampf, ich weiß doch, wie der aussieht! Nein, da gibt es nur eines, sage ich immer: abschalten! Und die strahlenden Kernkraftwerke gleich mit. Aber die Bosse sitzen fest im Sattel mit all dem Geld, was Ihnen ihre Teufelstechnik verschafft. Sie tun so, als ob die Windkraftwerke und was es da sonst noch an erneuerbaren Energien gibt, nicht ausreichten, um uns ununterbrochen den Strom zu liefern, den wir und die E-Mobile brauchen. Und wenn, schließlich haben wir ja noch unsere Nachbarn, die uns mit ihrem Kohle- und Atomstrom aushelfen. Schon heute machen die das. Da posaunen die Klimaleugner herum, dass nur 3 bis 5 Prozent des C-O-Zwei vom Menschen stammen, von seinen Autos und so weiter. Denn trotz des globalen Lockdowns steige das C-O-Zwei immer weiter an, 95 Prozent liefere die Natur. Weil es wärmer wird, da würde dieses Gas überall ausgasen. Aber bitteschön, die Natur ist erst recht nicht zu beherrschen! Und nicht umsonst arbeitet die ganze Welt am Klimaschutz, sie weiß, warum. Die Welt ist doch nicht blöd!

Als ob das nicht genug wäre, kommt noch das Problem mit den Rechten dazu. Wie sie skandieren und marschieren, ja sogar den Hitlergruß zeigen manche! Angeblich Linke, Antifa und so weiter, die sich da druntermischen. Nein, sage ich immer, wenn man die Rechten gewähren lässt, da ist Hanau bald überall. Und Halle. Oder denken wir an Walter Lübcke. In der Weimarer Republik fing das auch so an. Umso erstaunlicher, dass man noch immer diese unsägliche Partei, die von den Rechten, einfach so gewähren lässt. Mein Cousin Harald sagte, die meisten von ihnen wären Intellektuelle. Aber gerade dann ist Vorsicht geboten. Da lobe ich mir solche Politiker, die – zwar fachfremd und vielleicht auch ohne abgeschlossenes Studium – tüchtig genug sind, sich in ein beliebiges Metier einzuarbeiten. Schließlich haben sie ihre Berater. Und was den Rechten die Krone der Unverschämtheit aufsetzt, ist zu behaupten, sie liefern ein Gegengewicht zu den angeblich ausufernden, demokratiegefährdenden linken Kräften. Notwendig geworden wäre das, und lediglich bürgerlich konservativ seien sie! Sagt mein Cousin. Nun, wir sind eine Demokratie, eine wirkliche, und diese hat solche Lügen auszuhalten. Doch beobachten muss man die Leute vom rechten Rand. Und alles tun, damit sie möglichst keiner hört und sieht. Sobald aber …, na ja, wir werden sehen.

Zum Glück haben wir die Expert_innen

Klar, ich bin ein einfacher Mensch und weiß nur wenig von dem, was die Expertinnen und Experten wissen. Wozu auch? Ich glaube diesen Fachleuten. Dass nicht alles so läuft, wie es laufen könnte, ja sollte, das weiß ich auch so. Zum Beispiel die Geschichte mit der Impferei. Oder der Winter jetzt, wo die abwarten mussten, bis es wärmer wurde, um den Schnee von den Schienen und Straßen wegzukriegen. Auch dass die Lockdowns nicht konsequent genug waren, vielleicht besser bis zum nächsten Weihnachtsfest ausgedehnt werden sollten. Notfalls bis zum übernächsten. Deutschland ist ein reiches Land, die ganze Welt beneidet uns, sie kommen ja auch von überall her, um hier zu leben. Und da können wir es uns angeblich nicht leisten, die erneuerbaren Energiequellen zu hundert Prozent durchzusetzen, im Handumdrehen sozusagen? Auch das mit der EU könnte besser laufen. Wenn sich da einzelne Staaten querlegen, muss man ihnen ganz einfach den Geldhahn abdrehen. Es ist ja sowieso unser Geld, das da fließt. Und wie es fließt, gerade jetzt zu Coronas Zeiten!

In der alten DDR hieß es, da ist nichts, was sich nicht weiterverbessern ließe. Genau darum geht es, um das Weiterverbessern, zumal in diesem Jahr überall Wahlen anstehen. Schlimm wäre es, würden die Falschen gewählt. Nämlich solche, die wirres Zeug reden, weil sie Verschwörungstheorien anhängen. Covidioten zum Beispiel. Und schon gar nicht wissen alle die Meckerer, wie man da etwas noch besser machen könnte. Das zu wissen aber ist ganz wichtig, damit es Deutschland weiterhin so gut geht und noch viel besser. Dazu brauchen wir Menschen mit Erfahrung. Und genau die sind es, die Erfahrenen, die gewählt und immer wiedergewählt werden müssen. Weil alternativlos. Wie auch Angela Merkel. Wenn unsere Bundeskanzlerin, wie schon mal angedroht, tatsächlich nicht noch ein weiteres Mal zur Wiederwahl anstehen sollte, ja, was denn dann?

Dann habe ich noch mehr Angst! 



Sich über Wunder wundern

„Wunderbar“ und „wundervoll“ heißt es allerorten aus aller Munde. Als Wunder im Wortsinne gelten heutzutage weniger die Wunder der Bibel, dafür mehr die der Natur und der Technik. Zudem wundert man sich über unsere wundersamen Mitmenschen und all die Wunder der Politik. Die Uhr an der Wohnzimmerwand loben wir als ein Wunder an Präzision, man preist die wundervolle Wirkung von Arzneien und neuen Ernährungstipps, während Beethovens Neunte und Einsteins Relativitätstheorie als Wunder menschlichen Geistes gefeiert werden. Als Wunder wird empfunden, dass uns bisher ein Atomkrieg erspart blieb und dass, je nach Art und Datum der Weissagung, weder der Kölner Dom überflutet wurde noch der Berliner Tiergarten in brennender Sonne verdorrte. Auch hautnah erleben wir Wunder, an uns selbst und bei Anderen. Zum Beispiel ist es das reinste Wunder, dass die da im Nachbarhaus, die liebe Marleen, bei dem Kerl geblieben ist. Doch wird sie noch ein ganz anderes Wunder erleben, und zwar ihr blaues! Wikipedia zaubert für den Begriff „Wunder“ in einem einzigen Augenblick 52 700 000 Einträge herbei. Dafür hätte früher eine riesige Mannschaft jahrelang in Bibliotheken und Zeitungsarchiven blättern müssen. Heute macht das unser Handy in 0,6 Sekunden, ein wahres Wunder! Auf jeden Fall eines für den Laien, für den Fachmann eher nicht. Der weiß, wie Daten digital verarbeitet, gespeichert und in Millisekundenschnelle durchsucht und ausgegeben werden. Selbst riesige Mengen.  

Wunder entstünden aus einer Verletzung von Naturgesetzen, behauptete der schottische Philosoph David Hume schon im 18. Jahrhundert. Ansonsten seien es keine. Da Naturgesetze nun mal unverletzlich sind, kann es, so der Schluss, Wunder gar nicht geben. Tatsächlich lässt sich kein einziger Beweis dafür anführen, dass etwas über der Natur steht und über ihren Gesetzen. Welch eisenharte Konsequenz! Denn mit der Ablehnung von Übernatürlichem verbietet sich auch die Annahme von Gottes Existenz oder die sonstiger Gottheiten. Nicht jedermann und jedefrau können und wollen damit leben. Und machen wir uns nichts vor, ein bisschen wundergläubig sind wir doch alle. Die einen mehr, die anderen weniger. Wie stark, ist eine Frage der Spiritualität, der Glaubensfähigkeit. Diese muss durchaus nicht religiöser Art sein. Mehr noch ist es die Bereitschaft, das Herz sprechen zu lassen und nicht immer nur den kalten, klaren Verstand.  

 Teste dich selbst!

Alles Mögliche kann getestet werden, der pH-Wert einer Lösung, das Vorhandensein von Corona-Nukleinsäureschnipseln, die Intelligenz, und ebenso – warum nicht? – die Neigung zur Spiritualität. Die Wenigsten werden die nachfolgenden Fragen (angelehnt an die des Psychiaters Robert Cloninger von der Washington University) ausschließlich mit Ja oder Nein ankreuzen wollen. Ziehen Sie sich bei deren Beantwortung besser ein wenig zurück, verehrte Leserin, verehrter Leser*:  

·      Ich bin fasziniert von den vielen Dingen im Leben, die wissenschaftlich nicht erklärt werden können.                             

·      Ich scheine einen "sechsten Sinn" zu haben, der mir mitunter erlaubt zu wissen, was passieren wird.

·      Ich fühle mich mit den Menschen um mich herum oft so verbunden, als gäbe es keine Trennung zwischen uns.

·      Immer führe ich einen Talisman bei mir.

·      Oft habe ich unerwartete Geistesblitze, wenn ich mich entspanne.

·      Wenn immer möglich, versuche ich, Tiere und Pflanzen vor Schaden zu bewahren.

·      Ich habe gelernt, meinen Gefühlen mehr zu vertrauen als irgendwelchen logischen Gründen.

·      Ich fühle zu allen Menschen um mich herum mitunter eine starke innere Verbindung.  

·      Wunder können Wunder bewirken. Das weiß ich aus eigener Erfahrung.

·      Ich habe persönliche Opfer gebracht, um die Welt besser zu machen, z. B., um mitzuhelfen, Krieg, Armut  und Ungerechtigkeit zu verhindern.

·      Wenn ich mich auf etwas konzentriere, vergesse ich oft die Zeit.

·     Ich habe aufregende Erfahrungen gemacht, durch die mir meine Rolle im Leben erst so richtig klar wurde. Regelrechte Glücksmomente waren das.                                                                                                       

* Je öfter ein „Ja“, umso ausgeprägter die Tendenz zur Spiritualität *

Menschen mit einer Tendenz hin zum Spirituellen empfinden Rätselhaftes weit weniger beunruhigend als eingefleischte Skeptiker. „Wenn es so ist, dann ist es eben so“, sagen sie sich. Ihr Leben verläuft ausgeglichener und ist eher von Zufriedenheit geprägt als beim Gegenpart. Der rätselt und tüftelt und ist oft dauerhaft unzufrieden, wenn er keine rechte Lösung findet. Falls doch, hält sein Glück gewöhnlich nicht lange an, neue Aufgaben hat er sich ausgedacht. Bei entsprechender Intelligenz verkörpert der Skeptiker den Forscher- und Erfindertyp. Sein charakterliches Gegenüber neigt eher zum Schöngeist und erfreut sich, da weniger getrieben, zumeist einer größeren Beliebtheit. 

Wunder, private und öffentliche

Es gibt viele Dinge und Ereignisse, deren Eigenheiten wir uns nicht erklären können. Die einen lässt das kalt, die anderen eher nicht. Aber selbst wer sich ernsthaft um eine Erklärung bemüht, bleibt oft im Rätselhaften stecken. Mitunter sind es Trivialitäten. Da findet sich ein Schlüssel nicht, an allen möglichen Stellen wird gesucht und gesucht, auch im Tischkasten, wo er eigentlich zu sein hat. Dreimal schon hatte man dessen Inhalt durchwühlt, und beim vierten Male liegt das verdammte Ding offen vor Augen! Als ob jemand den Schlüssel heimlich zurückgelegt hätte. Aber da ist niemand sonst, der Zugang zur Wohnung hat. Unbegreiflich, ein Wunder!  Oder: Ein wochenlanger Schmerz im Ellbogen, nichts wirkte, kein Schmerzmittel, die Massage nicht, die Wärme-, Kälte- und Strahlenbehandlung nicht und auch nicht die Hypnose und die Akupunktur. Da kam die Nachbarin und hatte den Schmerz ganz einfach weggezaubert, durch Handauflegen, binnen einer Viertelstunde!  

Und dann die Wunder, die die Volksmassen bewegen. Von der griechischen Antike her kennt man sie, aus der Bibel und aus unserer eigenen Geschichte. Noch heute glauben Millionen und Abermillionen an die Wunder, die Jesus Christus vollbracht hatte oder vollbracht haben soll. Auch an die Wunder, die von Heiligen bewirkt wurden oder die ihnen widerfahren sein sollen. Man denke an Lourdes in Südfrankreich, wo im Jahre 1858 einer Vierzehnjährigen die Mutter Gottes erschienen sei. Oder an das portugiesische Fátima, in dessen Nähe am 13. Oktober 1917 mehr als dreißigtausend (!) Menschen, Gläubige wie Ungläubige, das Sonnenwunder erfahren haben, eine sich am Himmel drehende Scheibe. An demselben Ort soll zuvor drei Mädchen die Jungfrau Maria begegnet sein. Zuletzt erst, im Jahre 2019, kamen mehr als sechs Millionen Pilger nach Fátima, um das heilige Flair zu atmen und dessen Wunder an sich selbst zu erfahren. 

Wissen statt wundern

Was nicht alles haben die moderne Wissenschaften hervorgebracht, allzumal die Technik und die Naturwissenschaften, das Wundern gleichkommt. Nicht per Zauberstab, nein, durch Wissen. Der Umfang des Wissens, das die Menschheit bis heute angesammelt hat, ist unschätzbar hoch. Daran gemessen erscheint das eines jeden Einzelnen von uns als ausgesprochen dünn. Auf welchem Gebiet auch immer, bestenfalls kann man versuchen, einem jeweilig interessierenden Detail so tief wie nur irgend möglich auf den Grund zu gehen. Nicht selten bleibt dann festzustellen, wie begrenzt trotz allem die Wissensbasis der Menschheit ist. Obwohl z. B. allein auf dem Gebiet der Medizin und der biomedizinischen Forschung in einem einzigen Jahr, dem von 2020, weltweit mehr als 1 600 000 wissenschaftliche Veröffentlichungen gemeldet wurden (Metadatenbank PubMed, United States National Library of Medicine)! Niemand kann das sich hier Tag für Tag, Jahr für Jahr, anhäufende Wissen auch nur einigermaßen überblicken. Der Wunderdoktor entstammt dem Wunschbild des Kranken, nicht der Realität.  

Oft wird nur so getan, als ob das Wissen, das man für sein Handeln, Lehren und Argumentieren eigentlich braucht, tatsächlich auch vorhanden ist. Mitunter gilt das für die Wissenschaft selbst, die ja nun gerade dafür antritt, Wissenslücken aufzudecken, um sie, falls irgend möglich, zu schließen. Da gibt es Klimatologen, die so tun, als wüssten sie über die Ursachen des Klimawandels genau Bescheid, auch wie diesen beizukommen ist. Und wozu überhaupt. Bekannt indes ist, dass sich das Klima multifaktoriell, nichtlinear und chaotisch entwickelt, mithin seine Entwicklung nicht wirklich berechnet werden kann. Und schon gar nicht auf Jahre voraus. Ähnlich wollen manche Virologen genau erkannt haben, wie der derzeitige Corona-Pandemie beizukommen ist. Die Regierungen, auf ein Wunder hoffend, hören auf sie, nur eben funktionieren die Ratschläge nicht. Hier wie dort werden Diskurse mit Andersdenkenden vermieden, konsequent, zumal solche in aller Öffentlichkeit. Der Nimbus der Unfehlbarkeit könnte leiden.  

So auch gibt es Wissenschaftler, die mit dem Anspruch allwissender Priester auftreten, wenn es um das menschliche Gehirn und dessen Funktionsmechanismen geht. Da werden Kisten gepackt, auf denen „Neuro-“ draufsteht, aber nur Psychologie drinsteckt. Was drin ist, wird mit ein paar bunten Hirnbildern drapiert, wie sie die funktionelle Magnetresonanztomografie liefert, um, schwuppdiwupp, die funktionelle Architektur des wundervollsten der menschlichen Organe, die des Gehirns, zu enträtseln. Nur eben gelingt das, weil viel zu komplex, kaum ansatzweise. Und das Gehirn bleibt für uns alle ein Wunder, für die Besitzer wie für die Forscher. Mit Wundertüten laufen auch die Ernährungsexperten herum, die Pädagogen, all die Genderforscher_innen, Kommunikationsfachleute und wer da auch immer sonst zu nennen bleibt, wenn er vorrangig durch ein bedeutungsvoll klingendes Vokabular versucht, erkennen zu geben, wie großartig die Wunder seiner Erkenntnisse sind. Seit vielen Jahrzehnten häufen diese Forscherinnen und Forscher Ergebnisse an, doch kaum einer merkt das.  

Weil menschlich, ja allzu menschlich, mag solcherart Schaulaufen hinnehmbar sein, solange es die Gesellschaft nur zu finanzieren hat. Bedenklich wird es, wenn derlei Ergebnisse in die Gesellschaft hineinwirken. Allemal dann, wenn sich ihrer die Politik annimmt. Dann drohen Wunder, blaue Wunder.

 

 

 

 

 

 


Die da oben sind doch alle ...

Nein, das sind sie eben nicht, das, was jetzt die meisten denken werden. Doof ist eher der, der so was denkt. Denn jeder, der oben ist, musste nicht nur klettern können, er muss auch clever sein. Man stelle sich den Klettersteig einer unserer beiden großen Parteien vor mit jeweils fast einer halben Million Mitgliedern. Wer doof ist, stürzt schon auf den ersten Metern, falls er überhaupt nach oben will. Je höher er klettert, um so verbissener kämpfen die Kumpane mit ihm um einen Platz, und nur die wirklich Fähigen schaffen es in die oberen Etagen. Klug müssen sie sein, keine Frage, aber nicht die Allerklügsten. Fast wichtiger noch scheint es, pfiffig zu sein, Verbindungen zu pflegen, zur richtigen Zeit an den richtigen Strippen zu ziehen und das Umfeld zu überzeugen, eher als der Mitbewerber in der Lage zu sein, der großen gemeinsamen Sache zu dienen. Und Reden muss man können, überzeugen. Auch dann, wenn man nicht im Recht ist. Gerade dann.

In trauter Runde wars, da ging es mal wieder um die da oben, von wegen ob die da nicht alle und so weiter. Da griff einer von uns nach einem Löffel und mimte damit den Interviewer. Als Mikrofonersatz hielt er den Löffel einem nach dem anderen vor die Nase, um sie in Sachen Politik zu befragen. Die meisten reagierten mit Feixen, einer sträubte sich zunächst, am Ende aber wollte sich keiner lumpen lassen. Und los ging’s. Doch nicht lange hin, da wurden die Antworten holpriger, und Ähs häuften sich. Rückgefragt, wie denn das oder jenes zu verstehen sei, wie zu präzisieren oder zu begründen, wurde das Lächeln immer verkrampfter. Eher früher als später winkte man ab, das Ganze sei eben nicht so ihr Gebiet. Okay. Ich selbst begann dann mit Fragen zu deren eigenem Fachgebiet. Von der Sache her sah das sehr viel besser aus, natürlich, oft aber haperte es mit der Verständlichkeit. Tja, wie etwas so erklären, damit das Gegenüber versteht, wie es zu verstehen ist? Allzumal fehlte es an rhetorischem Schwung.

Arrivierte Politiker und die Medienleute kommen da weit besser rüber. Weit, weit besser. Selbst dann, wenn sie auf dem Holzweg sind, entweder weil sie sich in den Fakten nicht auskennen oder einfach um der vom Mainstream vorgegebenen Linie Tribut zu zollen. Oder beides. Politiker jeglicher Couleur von dunkelrot bis schwarz bleiben wortgewandt und überzeugend, auch wenn sie persönlich ganz anders denken mögen als sie sprechen. Nein, doof kann man da nicht sein. Ganz im Gegenteil.

Der Geochemiker ist der Dumme

Stellen wir uns vor, in einer öffentlichen Diskussionsrunde ginge es um den Zusammenhang von CO2 und Erderwärmung. Nach den üblichen gut eingefahrenen Argumenten bis hin zur Warnung vor der Klimakatastrophe bringt einer der Teilnehmer die Frage auf, ob denn das CO2 nun tatsächlich die Ursache oder vielleicht doch eher die Folge der Erderwärmung sei. Verblüffung, diese Frage war mit der Veranstaltungsleitung nicht abgestimmt. Die Moderatorin erkundigt sich, wie er das denn meine. Nun, so die Antwort, die Anreicherung der Atmosphäre mit CO2 wäre, ganz klar, die natürliche Folge einer allgemeinen Erwärmung. Aber könne sie auch deren Ursache sein? Wieso, entrüstet sich eine Teilnehmerin, Mitglied einer längst etablierten Partei, was denn das heißen solle! Der erste wieder, sie möge sich einmal vorstellen, sie setze ein Gefäß mit kaltem Sprudel auf eine Herdplatte und erwärme diese. Was passiert? Die prompte Antwort: Das könne sie sich nicht vorstellen, weil sie grundsätzlich stilles Mineralwasser bevorzuge. Das Publikum lacht, Sympathie schwingt mit. Der Fragesteller macht weiter und behauptet, bei einer Erderwärmung würden – so wie das CO2-haltige Mineralwasser auf der Herdplatte – sämtliche Gewässer das in ihnen gespeicherte CO2 ausgasen, die Ozeane, Seen und Sümpfe, auch der Boden. Mit steigender Temperatur nehme die Löslichkeit für Gase bekanntermaßen ab und daher … Die Diskussionspartnerin winkt ab, wiegt zweifelnd den Kopf, und die anderen in der Runde wiegen zweifelnd mit. Das bringt den Fragesteller in Harnisch, und er setzt fort, die Rolle, die CO2 als Klimafaktor neben so vielen weiteren und weit wichtigeren spiele, sei außerordentlich verwickelt. Ohnehin gingen gerade einmal drei bis fünf Prozent der CO2-Produktion auf den Menschen zurück, und sogar ein Abkühlungseffekt wäre möglich. Man brauche nur das Stefan-Boltzmann-Gesetz herzunehmen. Im Publikum gelangweiltes Stöhnen, und nach einigen Erläuterungen beginnt man in der Runde zu grienen. Die Moderatorin winkt ab und meint, das alles sei sicherlich sehr interessant, aber die hier aufgeworfenen Fragen zu diskutieren fehle die Zeit. Im Übrigen, betont einer in der Runde, wären sich ja 97 oder gar 100 Prozent der Experten einig, und zwar weltweit, dass das CO2 die Ursache für die Erderwärmung ist, die Ursache also und nicht die Folge. Und, gibt die Politikerin von vorhin dazu, mithin der Mensch! Bescheid wissend und klug kommt es von ihr. Die Diskussionsrunde strahlt, auch das Publikum wirkt erleichtert. Nur der eine nicht. Nicht doof ist er, ganz und gar nicht, aber der Dumme. Als Geochemiker wurde er vorgestellt.

Details, igitt!

Gleich ob Finanzen, Corona oder Gender-Fragen, ob Natur- und Landschaftsschutz, Probleme mit den Flüchtlingen oder Alltäglichkeiten in den Kreisen und Gemeinden – im Konkreten sind es Verwaltungsleute, die sich darum zu kümmern haben. Drüber aber, über ihnen, wachen die Politiker, die der einzelnen Ressorts. Fachleute eher nicht. Wenn überhaupt, werden sie fast immer nur dann herangezogen, um zu bekräftigen, was die Politiker zu den jeweiligen Fragen sagen oder sagen wollen. Dann auch werden die Fachleute, allzumal solche der gefälligen Art, gern als Experten gehandelt. Unter hunderten und tausenden anderen nicht minder Kompetenten sind das immer nur einige wenige. Die anderen werden sorgfältig beiseitegeschoben, sofern über ihre Loyalität Unsicherheit besteht. Sie könnten ja mit ihren Ansichten im Volk Verwirrung stiften. Absolutes Auftrittsverbot, wenn sie mit ihren Sprüchen im Widerspruch zum Mainstream stehen. Und diesen gebären Minderheiten, oft nur einzelne Köpfe. Sache nachgeordneter Strukturen ist es dann, das, was da herausrinnt, so zu pflegen und zu kanalisieren, dass es für die Massen wirksam wird. Diskurse, die mit den von da oben gepflegten Auffassungen ins Gericht gehen, müssen, weil brandgefährlich, unter allen Umständen verhindert werden. Gefühlte vier Fünftel der Bevölkerung mögen ohnehin keine Debatten und nehmen das, was sie zu den jeweiligen Themen über die staatsnahen Medien erfahren, als Wahrheit hin. Die meisten interessieren sich ohnehin nicht für Politik, tun könne man eh nichts und außerdem, was soll‘s?

Gleich ob Mitglied in Regierungs- oder Oppositionsparteien, die an der Spitze der Gesellschaft sind klug genug, Mühen zu vermeiden, wenn sie ihnen nichts bringen. Schade um die Zeit. Denn die lässt sich weit einträglicher für anderweitige Tätigkeiten nutzen, z. B. für solche in Verwaltungsräten. Warum auch sollten sie sich, wenn es um den Klimaschutz geht, mit Mühe und viel Zeit erarbeiten, was da irgendwelche Klimatologen über den Einfluss der Sonnenaktivität herausbekommen haben? Sich gar in die Infrarot-Spektroskopie der atmosphärischen Gase hineindenken? Das CO2 ist es, sagen ja alle, und gut. Was auch kümmern die Politiker die Stickoxidsynthasen in unseren Zellen und die körpereigene Stickoxidproduktion, wenn es um die Stickoxide in der Stadtluft geht? Und entsprechende Fahrverbote bis hin zur Drosselung unser Kraftfahrzeugindustrie. Oder warum sollten sich unsere Politiker Gedanken machen um den Zusammenhang zwischen staatlich geförderten Energiepflanzen-Monokulturen und dem Verschwinden der heimischen Lurche und Reptilien und dem hunderter Schmetterlingsarten? Nein, das ist jeweils Sache von Anderen. Ebenso die Bevölkerungsdynamik in unseren Städten und deren Folgen, die Trends unserer wirtschaftlichen Entwicklung, das Ansehen unserer Wissenschaft in der Welt, die schulischen Leistungen unserer Kinder, die Kosten und die Sicherheit unserer Energieversorgung. Oder was hat die Politiker auf den Bänken in den Parlamenten im Einzelnen die Ethnik der Kriminalität oder unsere Staatsfinanzen zu kümmern.

 

Doof sind die Anderen

Nein, nicht diese Einzelheiten, den Politikern genügt das Ungefähre. Für das Spezielle gibt es nun mal die Spezialisten. Und deren Ergebnisse zu verstehen, braucht es wiederum Spezialisten, nicht Politiker. Nur die Politik, die am Ende herauskommt, beziehungsweise herauskommen soll, ist Sache der Politiker. Schön dumm wären sie (um nicht „doof“ zu sagen), wollten sie für Fehlentscheidungen die Konsequenzen tragen. Etwa weil diese zu vermeiden gewesen wären, hätten sie sich genügend informiert, gar auf unbequemen Wegen über Details. Apropos Konsequenzen, sie tragen zu helfen, hieße für die Politiker, mit ihren Familien – allen anderen voran – in Gegenden zu ziehen, die vorwiegend von Flüchtlingen bewohnt sind, von jenen, für die sie Tür und Tor öffnen lassen. Auch müssten sie ihre Kinder auf staatliche Schulen schicken, wo sie zusammen mit den Problemkindern zu lernen haben. Oder gar lernen, was es mit den „Infektions“-Zahlen auf sich hat, wie das mit dem PCR-Nachweis der Coronavirus-RNA läuft, und was er aussagt und was nicht? Und wenn sich dann doch ein Politiker, ein studierter Kommunikationswissenschaftler vielleicht, tage- und nächtelang hinsetzt, um die Grundlagen der Nukleinsäure-Biochemie zu lernen und schließlich zu erfahren, dass es im menschlichen Organismus eben doch reverse Transkriptasen gibt – Enzyme, die an einer verimpften Virus-RNA entlanggleiten, um nach deren Muster DNA zu synthetisieren, die in der Lage ist, sich in unser Erbgut einzufügen. „Schön doof!“, würden dann die meisten im Volk denken.

Nein, das sind sie nicht, die da oben. Eher die Anderen.